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Verleihung Marianne-Menzzer-Preis 2006

Der bundesweit einmalige Marianne-Menzzer-Preis wurde am 06.12.2006 im Festsaal des Rektoratsgebäudes der TU Dresden bereits zum dritten Mal vergeben.

Er stand 2006 unter der Schirmherrschaft der sächsischen Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst und ehemaligen Vorsitzenden der GEW, Dr. Eva-Maria Stange, wurde jeweils zur Hälfte durch den Bereich Frauenpolitik beim Hauptvorstand der GEW sowie den GEW-Landesverband Sachsen gestiftet und in Kooperation mit dem Interdisziplinären Projekt Geschlechterverhältnisse in Forschung und Ausbildung“ (GiFA) an der TU Dresden ausgelobt. Den Preis erhielt 2006 erstmals ein männlicher Bewerber: Sebastian Lelanz konnte die Jury mit seiner Diplomarbeit am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Zittau/ Görlitz (FH) zum Thema: „Männerforschung und Sucht. Das männliche Geschlecht als Bestimmungsmerkmal von Alkoholkonsum und Alkoholabhängigkeit“ überzeugen.

Nach einleitenden Worten des neu gewählten Prorektors für Bildung der TU Dresden, Prof. Dr. Karl Lenz, erfolgte die Begrüßung durch den Rektor Prof. Herrmann Kokenge. Er sprach dabei über die Geschichte des Frauenstudiums an der eigenen Einrichtung und wies darauf hin, dass sich im Jahr 2007 die erstmalige Immatrikulation einer Frau zum 100. Mal jährt, was - gemessen an der Geschichte der Universität Dresden - eine sehr kurze Zeit sei. Obwohl derartige Benachteiligungen von Frauen heute offenbar nicht mehr existieren, seien subtile Benachteiligungen von Frauen dennoch vorhanden, was unter anderem dadurch deutlich wird, dass zwar ca. 50 % der Absolventen weiblich sind, in höheren Funktionen deren prozentualer Anteil jedoch rapide abnimmt. So liegt z. B. der Anteil weiblicher Hochschullehrer bei lediglich 10 %.

Das daran anschließende Grußwort der Staatsministerin (siehe rechts) stand ganz in der Tradition Marianne Menzzers, indem auf statistisches Material zur Frauenerwerbsarbeit zurückgegriffen wurde. Frau Dr. Stange schilderte die gemessen am Bundesdurchschnitt überaus bedenkliche Situation in Sachsen und verwies darauf, dass der Anteil von Frauen in höheren Positionen in diesem Bundesland sogar rückläufig sei. Als Strategie zum Abbau von geschlechtsbedingten Benachteiligungen betonte sie die Rolle von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe und Handlungsmaxime. Abschließend würdigte sie ausdrücklich das Projekt GiFA und stellte dabei insbesondere dessen interdisziplinäre Ausrichtung heraus.*

Die GEW-Landesvorsitzende Dr. Sabine Gerold leitete ihren Beitrag zum Thema „Geschlechtergerechte Interessensvertretung aus Sicht der GEW“ mit einem Hinweis auf den jährlich von der GEW publizierten „Gender-Report“ ein (online verfügbar auf den Homepage der GEW Bund). 2006 werden erstmalig Zahlen für die einzelnen Bundesländer veröffentlicht, die somit auch Rückschlüsse auf die Situation in Sachsen zulassen. Weiterhin betonte sie Geschlechtergerechtigkeit im Tarifrecht als originär gewerkschaftliches Handlungsfeld und verdeutlichte in diesem Zusammenhang die Positionen der GEW.

Daran schloss sich der Festvortrag von Prof. Dr. Lothar Böhnisch, Institut für Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Wohlfahrtswissenschaften, zum Thema: „Warum Männerforschung?“ an. Nach der Eingangsfrage des Vortragens, warum Männer lange Zeit „nur“ von Frauen mit feministischem Hintergrund mit dem Ziel der Beseitigung struktureller Benachteiligungen „beforscht“ worden sind, stellte er den Ansatz der kritischen Männerforschung vor. Er führte aus, dass auch Männer Opfer der patriachalen Strukturen sein können und nannte als Beispiele die (teils prekäre) Männerrolle im Kontext von Familie. Daher erhebt kritische Männerforschung den Anspruch, Männer in ihren eigenen Problemlagen wahrzunehmen. Als Fazit betonte er, dass es nicht nur auf das Steuerinstrument Gender Mainstreaming ankomme, sondern auch Frauen- und Männerperspektiven wesentliche Bestandteile geschlechterreflexiver Forschung seien.

Der offizielle Teil der Feierstunde endete mit der Laudatio von Prof. Dr. Ulrike Gräßel (Fachbereich Sozialwesen der HS Zittau/ Görlitz), in deren Rahmen die von Prof. Dr. Rudolf Schmitt betreute Diplomarbeit von Herrn Lelanz gewürdigt und zentrale Impulse aus dieser Arbeit beispielhaft vorgestellt wurden. Neben „klassischen“ Ansätzen der Geschlechter- und Suchtforschung bezog sich Herr Lelanz dabei insbesondere auf das Habituskonzept nach Pierre Bourdieu. Die Laudatio wurde von zwei Pianointermezzi des Herrnhuter Künstlers Walter Berenz musikalisch gerahmt. Anschließend bestand bei einem Stehempfang die Möglichkeit für informelle Gespräche, welche von den Besuchern der Veranstaltung rege genutzt wurde: In den Diskussionen kam z.B. heraus, dass das Projekt GiFA durch das Auslaufen einer Personalstelle existenziell bedroht ist. Dies sowie das Auslaufen des HWP-Programms zum Ende des Jahres 2006, welches neben Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen insbesondere Frauen förderte, sollte dringend überdacht werden.

Nichts desto trotz war die Preisverleihung, an der neben Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Geschlechterforschung und Vertreter/innen anderer Wissenschaftszweige auch Abgeordnete des sächsischen Landtages teilnahmen, erneut ein großer Erfolg. Die Besucher erlebten eine gelungene Feierstunde auf hohem Niveau mit überaus interessanten Beiträgen und lernten eine weitere Facette des breiten Engagements der Bildungsgewerkschaft kennen.

Die Initiative zur Preisvergabe, die von Studierenden in der GEW Sachsen vor drei Jahren ergriffen wurde, entwickelt sich zu einer guten und beachtenswerten Tradition.

Pressemitteilung des SMWK vom 06.12.2006

Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: „Künftige Gleichstellungspolitik an Lebensentwürfen junger Frauen und Männer orientieren"
Marianne-Menzzer-Preis der GEW und der TU Dresden verliehen

„In dem Maße, wie sich die Arbeitswelt, die Wirtschaft, die Familienbande und die Bevölkerungsstrukturen verändern, müssen auch die Verhältnisse zwischen Alt und Jung, Frauen und Männern, Großeltern und Enkeln, Mädchen und Jungen auf den Prüfstand", sagte Staatsministerin, Dr. Eva-Maria Stange, heute bei der Verleihung des Marianne-Menzzer-Preises der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der TU Dresden. Mit dem Preis bekomme das Thema Gleichbehandlung von Frauen und Männern, das auch an den Hochschulen noch keine Selbstverständlichkeit sei, öffentliche Aufmerksamkeit. „Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise – trotz bester Ausgangslage bei den Absolventinnenzahlen – der Anteil von Frauen mit jeder Stufe auf der wissenschaftlichen Karriereleiter sinkt", so die Wissenschaftsministerin. Dieser Trend sei in ganz Deutschland festzustellen, aber besonders extrem im Freistaat Sachsen. Das zeige auch der vom Wissenschaftsministerium kürzlich vorgestellte Hochschulbericht.
Künftige Gleichstellungspolitik müsse sich an den Erwartungen und Lebensentwürfen von jungen Frauen und Männern orientieren, sagte Staatsministerin Dr. Stange abschließend. Mit der Verleihung des Marianne-Menzzer-Preises werde dem Thema öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt.

Der Marianne-Menzzer-Preis wurde von GEW und TU Dresden 2006 zum dritten Mal verliehen. In diesem Jahr ging der Preis, der für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Geschlechterforschung verliehen wird, an den Studenten des Fachbereichs Sozialwesen Sebastian Lelanz von der Hochschule Zittau/Görlitz.