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Schule

Erfassung der Arbeitszeit ist der nächste Schritt zur Entlastung

Am 26. September 2023 wurde der Abschlussbericht der Studie „Arbeitsbelastung und Arbeitszeit sächsischer Lehrkräfte 2022” veröffentlicht und der Presse vorgestellt. Infolge der Ergebnisse hat die GEW Sachsen das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) nun zu Verhandlungen zur Arbeitszeiterfassung aufgefordert.

Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Lehrkräfte in Sachsen leisten systematisch Mehrarbeit und können die Überstunden in den Ferien nicht mehr abbauen. Die Ursache ist, dass bei der Arbeitszeit der Lehrkräfte keiner genau hinschaut und in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben hinzugekommen sind. News4Teachers hat einige Ergebnisse der Studie zusammengefasst.

Um individuell gegen die Überschreitung der Arbeitszeit vorgehen zu können, bedarf es einer individuellen Erfassung der Arbeitszeit mit einem vorgegebenen Erfassungssystem. Deshalb ist die Arbeitszeiterfassung ein zentrales Instrument gegen Überlastung.

Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs von 2019 und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von 2022 zwingen Arbeitgeber und Dienstherren zur Arbeitszeiterfassung. Da sich das BAG auf das Arbeitsschutzgesetz bezieht, gilt dies gleichermaßen für Tarifbeschäftigte und Beamt*innen. Dieses geltende Recht wird bislang vom Sächsischen Kultusministerium nicht umgesetzt. Da die Arbeitszeiterfassung unumgänglich ist, müssen aus Sicht der GEW Sachsen die Kriterien für diese Erfassung gemeinsam verhandelt und baldmöglichst umgesetzt werden. 

„Lehrkräfte haben wie alle anderen Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeiterfassung. Der Freistaat Sachsen kann sich als Arbeitgeber und Dienstherr nicht mehr davor wegducken.“ (Burkhard Naumann, Landesvorsitzender)

Da sich das BAG auf das Arbeitsschutzgesetz bezieht, gilt dies gleichermaßen für Tarifbeschäftigte und Beamt*innen. Dieses geltende Recht wird bislang vom Sächsischen Kultusministerium nicht umgesetzt. Da die Arbeitszeiterfassung unumgänglich ist, müssen aus Sicht der GEW Sachsen die Kriterien für diese Erfassung gemeinsam verhandelt und baldmöglichst umgesetzt werden. 


Grundlagen für die Arbeitszeiterfassung sollten sein:

  1. Einfaches System für Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulassistent*innen und Pädagogische Fachkräfte im Unterricht
    Das System zur Arbeitszeiterfassung muss einfach, überall zugänglich und für Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulassistent*innen einheitlich sein.
     
  2. Beschränkung auf Arbeitszeit und Arbeitsschutz: keine Überwachung, keine Dokumentation der Tätigkeiten, Minimierung der Datenerfassung, Wahrung des Datenschutzes
    Alleiniger Zweck der Erfassung ist die Einhaltung der Arbeitsschutznormen und der  durchschnittlichen, individuellen Wochenarbeitszeit. Die pädagogische Freiheit sowie die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben müssen gewährleistet sein. Dafür werden nur Beginn und Ende der Arbeitszeiten, jedoch nicht die Tätigkeiten dokumentiert. Die Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Arbeitstages bzw. der Arbeitswoche ist dabei lediglich hinsichtlich der vorgeschriebenen Ruhezeiten relevant und muss darüber hinaus aggregiert werden. Selbstverständlich enthält die individuelle Arbeitszeiterfassung äußerst sensible Daten. Deshalb muss die Sammlung von Daten und der Zugriff darauf auf das absolut notwendige Minimum beschränkt werden. 
     
  3. Arbeitszeit vollständig erfassen
    Die Arbeitszeit von Lehrkräften ist neben der Zeit in der Schule wesentlich von Tätigkeiten, die außerhalb der Schule erledigt werden, geprägt. Alle Zeiten müssen dabei erfasst werden. Die Zeiterfassung darf mobile Arbeit dabei nicht behindern.
     
  4. Durchsetzung von Arbeitsschutznormen
    Für die individuelle Überschreitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten und bei Verletzung der Arbeitsschutznormen müssen vorher festgelegte und mit den Personalräten abgestimmte Maßnahmen ergriffen werden. Personalräte können nur dann ihrer Aufgabe gerecht werden, die Einhaltung bestehender Schutzvorschriften zu überwachen, wenn sie unter Wahrung von Datenschutz und Vertraulichkeit  uneingeschränkten Einblick in die jeweiligen Zeiterfassungssysteme erhalten können.

Bei der Untersuchung der Wochenarbeitszeit wurde in der Studie das Jahresmittel pro Schulwoche gebildet. Mit Ausgleich für geleistete Mehrarbeit in den Ferien ergibt sich eine normative Wochenarbeitszeit von 46 Stunden und 48 Minuten während der Unterrichtszeit. Die Arbeitszeit der Lehrkräfte an den untersuchten sächsischen Schulen liegt im Jahresmittel mit fast 50 Stunden mehr als drei Stunden pro Woche über der erwarteten Arbeitszeit. Eine Mehrheit der Lehrkräfte leistet regelmäßig Mehrarbeit. Ein Drittel der Vollzeitkräfte in Sachsen arbeitet während der Schulzeit mehr als 48 Stunden pro Woche, was gegen geltende Arbeitsschutznormen verstößt. Zentrale Treiber der Mehrarbeit sind neue und zusätzliche Aufgaben. Im Ergebnis führt dies bei einem Teil hochbelasteter Lehrkräfte zu deutlich erhöhten Burnoutwerten mit entsprechenden gesundheitlichen Risiken.

Die Urteile des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 14. Mai 2019 (Az C-55/18) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 (Az 1 ABR 22/21) zwingen Arbeitgeber und Dienstherren zur Arbeitszeiterfassung. Das BAG erklärte dazu: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG [Arbeitsschutzgesetz] verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ Dies gilt gleichermaßen für Tarifbeschäftigte und Beamt*innen (§ 2 Abs. 2 ArbSchG).

Für verbeamtete und tarifbeschäftigte Lehrkräfte in Sachsen gilt gleichermaßen die 40-Stundenwoche als reguläre Wochenarbeitszeit bei Vollzeittätigkeit. Bislang erfolgt keine Erfassung der Arbeitszeit bei Lehrkräften, die Studie gibt jedoch deutliche Hinweise, dass diese Wochenarbeitszeit im Durchschnitt trotz des Zeitausgleichs in den Ferien systematisch überschritten wird. Eine Grundlage für Arbeitsschutznormen ist die EU-Arbeitszeitrichtlinie, auf die sich die o.g. Urteile von EuGH und BAG beziehen. Die Wochenarbeitszeit darf in einem Bezugszeitraum von vier Monaten 48 Stunden im Durchschnitt nicht überschreiten. Tägliche Ruhepausen müssen eingehalten werden. Innerhalb von 24 Stunden ist eine tägliche Ruhezeit von elf aufeinanderfolgenden Stunden sowie pro Siebentageszeitraum eine wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden einzuhalten.

Die Studie „Arbeitszeit und Arbeitsbelastung sächsischer Lehrkräfte 2022” wurde von der Kooperationsstelle Hochschulen und Gewerkschaften der Georg-August-Universität Göttingen unter Leitung von Dr. Frank Mußmann durchgeführt und von der GEW Sachsen gefördert. Die repräsentative Erhebung für die Studie wurde Ende des Schuljahres 2021/22 an öffentlichen Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien in Sachsen durchgeführt. Förderschulen und Berufsbildende Schulen waren aufgrund ihrer inneren Unterschiedlichkeit nicht Bestandteil dieser Erhebung. Am 26. September 2023 wurde der Abschlussbericht vorgestellt. Er ist unter www.gew-sachsen.de/arbeitszeit sowie unter www.arbeitszeitstudie.de zu finden.

Kontakt
GEW Sachsen
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