Kompetenzfetisch und Inklusionswahn - Christoph Türcke
Kompetenz und Inklusion sind die Kernbegriffe einer neuen Lernkultur, die seit einigen Jahren in Schulen und Hochschulen Platz greift. Was sie verspricht, ist der Abschied von »Frontalunterricht«, »Gleichschritt« und angestaubten und realitätsfernen Lehrplänen, ebenso wie von Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Ausgrenzung. Lernen in der Bildungswelt des 21. Jahrhunderts, so ihr Credo, geschieht eigenständig, beweglich, kreativ, digital und vernetzt – und schließt niemanden mehr aus.Die Gestaltung und Planung der Lehre, die Ausbildung der Referendare, die Erlasse der Kultusministerien und Bildungsprogramme der politischen Parteien sind alle bereits weitgehend von diesen Glaubenssätzen durchdrungen.
In seinem Vortrag wird Christoph Türcke zeigen, dass diese hochideologische, als Dienst am Menschen auftretende Bildungsoffensive darauf ausgeht, Lehren und Lernen an die Erfordernisse der flexibilisierten neuen Arbeitswelt, mithin an die zeitgenössischen Verlaufsformen des Kapitalverhältnisses, anzupassen, damit das, was Bildung wäre, radikal zu liquidieren und Verhältnisse zu etablieren, in denen buchstäblich alle eingeschlossen sind und Mitmachen Ehrensache ist.
Christoph Türcke hatte von 1993 bis 2014 die Professur für Philosophie an der Hochschule für Gestaltung und Buchkunst in Leipzig inne. Er ist u. a. Autor von Vermittlung als Gott. Metaphysische Grillen und theologische Mucken didaktisierter Wissenschaft (1992) und Hyperaktiv! Kritik der Aufmerksamkeitsdefizitkultur (2012). Sein aktuelles Buch Lehrerdämmerung. Was die neue Lernkultur in den Schulen anrichtet ist im Februar 2016 erschienen.
Eine Veranstaltung der Initiative Kritisches Lehramt Leipzig und der Jungen GEW Sachsen, mit freundlicher Unterstützung des Fachschaftsrats Kulturwissenschaften der Universität Leipzig.
- Termin
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- Veranstaltungsort
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Vortragssaal der Albertina Leipzig
Beethovenstraße 6
04107 Leipzig
- Teilnahmebeitrag
- kostenlos
04229 Leipzig