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Berufsbildungsgesetz

Die Mindestausbildungsvergütung

Was ist die MiAV? Die Mindestausbildungsvergütung (MiAV) wurde eingeführt mit der Novelle des Berufsbildungs­gesetzes (BBiG) und ist seit 1. Januar 2020 gültig. Für die Mindestvergütung haben wir als Gewerkschaftsjugend sehr lange gekämpft. Jetzt gibt es endlich die gesetzlich abgesicherte Untergrenze für Ausbildungsvergütungen.

Der extremen Ausbeutung von Auszubildenden mit Billigvergütungen kann damit Einhalt geboten werden: Die Mindestvergütung hilft vor allem dort, wo es keine Tarifverträge gibt und die Arbeitgeber sich weigern, Tarifverhandlungen zu führen.

Jugendliche in außerbetrieblicher Ausbildung zählen ebenfalls zu den Gewinnern der BBiG-Reform: Auch sie bekommen ab 2020 die Mindestvergütung. Diese Jugendlichen hatten bisher nur 391 Euro im Monat erhalten. Auch Menschen mit einer Behinderung, die zum Beispiel eine Ausbildung in einem Berufsbildungswerk machen, profitieren: Ihr Ausbildungsgeld wird auch auf das Niveau der Mindestvergütung angehoben. Damit werden Integration und Inklusion in der Berufsbildung verbessert.

Bei der Ausbildung der Erzieher*innen oder in den Pflegeberufen sieht es anders aus – sie fallen nicht unter das BBiG. Ändern könnten das die Bundesländer, die bei diesen Ausbildungsformen zu­ständig sind. Wir wollen, dass die Mindestvergütung auch in diesen Berufen die Untergrenze bildet.

Die Neuregelung im BBiG definiert nun erst­mals per Gesetz die Angemessenheit von Ausbildungsvergütungen. Angemessen sind zukünftig klipp und klar tarifliche Ausbildungs­vergütungen. Das stärkt die Rolle der Tarifpartner in der Berufsausbildung, aber auch die Verantwortung der Betriebe für die Auszubildenden.

Wie funktioniert die MiAV?
Die MiAV gilt nur für neu abgeschlossene Ausbildungsverträge ab diesem Jahr. Ältere Verträge, die vor 2020 abgeschlossen wurden, sind von der Regelung nicht er­fasst. Die Angemessenheit der Vergütung ist im Gesetz mittels zweier Haltelinien definiert:

Haltelinie 1
… ist die sogenannte 80-Prozent-Regel (§ 15 Abs. 4 BBiG). Sie besagt, dass die Ausbildungsvergütung mindestens 80 Prozent der branchenüblichen tariflichen Vergütung betragen muss. Zahlen die Betriebe weniger, ist dies rechtswidrig. Damit wurden eine jahrelange Rechtsprechungspraxis des Bundesarbeitsgerichts und eine Forderung der DGB-Jugend in Gesetzesform gegossen.

Haltelinie 2
… bilden die im Gesetz genannten Festbeträge (§ 17 Abs. 2 BBiG). Um welche Festbeträge es sich genau handelt, kann in unserer Tabelle abgelesen werden. Sie bleiben in der Höhe jedoch noch hinter den Forderungen der Gewerkschaftsjugend zurück. Die Vergütungen aus der Tabelle gelten in einer Einführungsphase bis 2023. Ab dem Jahr 2024 gibt es dann eine automatische jährliche Steigerung. Sie orientiert sich an den durchschnittlichen Erhöhungen der allgemeinen Ausbildungsvergütungen in Deutschland.

Wieviel Mindestvergütung steht mir zu?
In der Tabelle könnt ihr ablesen, welche Mindestvergütung für euch gilt. Wichtig ist immer, in welchem Jahr ihr euer Ausbildungsverhältnis begonnen habt. Wollt ihr eure Vergütung für die einzelnen Ausbildungsjahre wissen, müsst ihr in der Tabelle immer in der Zeile des Jahres bleiben, in dem ihr eure Ausbildung begonnen habt. Habt ihr eure Ausbildung beispielsweise 2020 begonnen, dann bekommt ihr

  • im ersten Ausbildungsjahr 515,00 Euro,
  • im zweiten Ausbildungsjahr 607,70 Euro,
  • im dritten Jahr 695,25 Euro,
  • im vierten Jahr 721,00 Euro.

Beginnt ihr eure Ausbildung erst im Jahr 2021, gelten für euch die Vergütungen der Zeile des Jahres 2021.

Achtung!
Absolviert man eine Berufsausbildung in Teilzeit, dann kann die Vergütung auch weniger als die Mindestausbildungsvergütung betragen. Das kritisieren wir als Gewerkschaftsjugend. Die prozentuale Kürzung der Mindestvergütung darf aber nicht höher sein als die prozentuale Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit. Seid ihr euch unsicher mit eurer Vergütung, empfehlen wir, eure Vergütung von eurer Gewerkschaft checken zu lassen. Sie prüft auch, welche Haltelinie für euch günstiger ist: die 80-Prozent-Regel oder die Festbeträge aus der Tabelle. Vor­rang haben laut Gesetz allerdings immer Tarifverträge und die darin festgelegten Vergütungen.

Daniel Gimpel
Referent und Ausbildungsexperte der DGB-Jugend

Quelle: Soli aktuell 6/2020