
Alle wissenschaftlichen Studien der letzten Jahre zur Belastung von Lehrkräften an Schulen sind konsistent. Dies bestätigt auch eine Metastudie der Universität Göttingen, die 20 Studien zu Arbeitszeit und Belastung von Lehrkräften analysiert.
Demnach ergibt sich u.a. folgendes Bild:
Eine Befragung der GEW Sachsen von 2016 zeigt, dass die Lehrkräfte an allen Schularten in Sachsen an ihrer Belastungsgrenze arbeiten und dass die Gesundheit vieler Kolleg*innen stark gefährdet ist. Neben anderen Risikogruppen fallen dabei auch die Schulleitungen auf, deren Aufgaben ständig steigen.
Signal ist angekommen, doch die Politik vertröstet
Immerhin: Dass sächsische Lehrkräfte viel zu hoch belastet sind, wird nicht mehr geleugnet. Wir können es im Maßnahmenpaket von 2016 oder im Handlungsprogramm von 2018 nachlesen. Bildungspolitiker signalisieren auch in ihren Reden inzwischen, dass sie die Probleme wahrgenommen haben. Allerdings werden wir auf die Zukunft vertröstet, wenn es darum geht, die Forderungen der GEW (z.B. vom 5. September 2019 – www.gew-sachsen.de/landtag) in die Tat umzusetzen.
Maßnahmen wären demnach die Gewährung von Klassenleiterstunden, die Absenkung des Regelstundenmaßes, die Anerkennung außerunterrichtlicher Arbeitszeiten und die konsequente Verhinderung der Entgrenzung von Arbeitszeiten. Der Koalitionsvertrag äußert sich jedoch nur sehr vorsichtig dazu und erste Maßnahmen sollen frühestens 2023/24 erfolgen. Wenn es zu dieser Zeit genügend Lehrkräfte gibt, sollen Verbesserungen schrittweise gewährt werden. Es gibt dazu keinerlei Vereinbarungen mit Interessenvertretungen der Beschäftigten, die Vertrauen rechtfertigen würden. Und: Es gibt keinerlei Signale, dass bis dahin auch nur irgendeine Maßnahme umgesetzt und haushalterisch abgesichert werden soll.
Wir brauchen jetzt mehr Zeit!
Die Situation der Lehrkräfte an Schulen ist bereits seit Jahren klar und weitere Studien untermauern diese Erkenntnisse. Diese Daten sind sicher wichtig. Wichtiger ist allerdings die politische Bereitschaft zu tatsächlicher Entlastung. Nach der Arbeitszeitstudie der GEW Niedersachsen hat die Landesregierung dort ein unabhängiges Expertengremium eingerichtet und arbeitet nun an Lösungen. Ein Fokus liegt dabei auf Sofortmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen in Form von Entlastungsstunden für die Schulen.
In Sachsen sollen wir aufgrund der hinlänglich bekannten Personalprobleme „Warten und Hoffen”. Diese Formel ist allerdings weder für die Lehrkräfte noch für Kinder und Jugendliche bzw. deren Eltern eine Hilfe. Wir brauchen jetzt mehr Zeit! Mehr Zeit für Zuwendung, für Gespräche und Förderung, mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung sowie für Qualifizierung, mehr Zeit für die Zusammenarbeit in Teams, mehr Zeit für Koordinierung, Schulentwicklung, Einarbeitung und Wissenstransfer. Und: Mehr Zeit um gesund zu bleiben, Zeit für uns selbst, für Familie und Freunde.
Eine Landesregierung, die sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt hat, „Demokratie besser erlebbar” zu machen, kann sich nicht weigern, am Verhandlungstisch zu einer Übereinkunft zur Lehrerarbeitszeit zu kommen. Welchen Nachdruck wir dafür ausüben, werden wir mit unseren Mitgliedern in den kommenden Wochen diskutieren.