Berufliche Bildung
Zwischen Anspruch und Abwertung. Fachberater*innen im Spagat - Warum die geplanten Kürzungen im Fachberaterwesen ein schlechtes Signal senden
Fachberater*innen tragen entscheidend zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung an berufsbildenden Schulen bei – und das meist im Verborgenen. Doch statt Anerkennung drohen nun Kürzungen bei ihren Anrechnungsstunden. Ein gefährlicher Rückschritt, der nicht nur die Fachberater*innen selbst betrifft, sondern das gesamte System beruflicher Bildung ins Wanken bringt.
Die GEW Sachsen fordert:
Qualität braucht Zeit, Engagement – und verlässliche Rahmenbedingungen.
Fachberater*innen – das klingt für manche nach einem entspannten Jobprofil: weniger Unterrichtsverpflichtung, dafür ein solides Gehalt und angeblich ist auch noch der Donnerstag frei. Doch wer genauer hinschaut, erkennt schnell: Dieses Bild ist ein Zerrbild, das der Realität in keiner Weise gerecht wird.
Tatsächlich leisten Fachberater*innen einen zentralen Beitrag zur Qualitätssicherung und -entwicklung im berufsbildenden Schulwesen. Sie beraten Lehrkräfte, begleiten Seiteneinsteiger*innen, gestalten Prüfungen mit, organisieren Fortbildungen, entwickeln Unterrichtsmaterialien – und bilden sich selbst kontinuierlich weiter. Ihre Expertise trägt wesentlich dazu bei, dass Unterricht fachlich, didaktisch und rechtlich auf der Höhe bleibt. Ihre Netzwerkarbeit schafft Synergien zwischen Schulen, Ministerium und Ausbildungsbetrieben.
Ein Beispiel: Ein Fachberater für fahrzeugtechnische Berufe im Freistaat Sachsen – einer von lediglich drei Fachberater*innen für diesen Bereich – hat nicht nur Lehrpläne mitentwickelt, sondern auch didaktische Jahresplanungen, curriculare Analysen und Lernsituationen mit Kolleg*innen geteilt. Er hat Fortbildungen mit der Automobilbranche organisiert, Ergebnisse auf OPAL strukturiert, publiziert und Multiplikationsveranstaltungen mitgestaltet. Nebenbei begutachtet er Prüfungsarbeiten, begleitet Unterricht, unterstützt Seiteneinsteiger*innen und hält Schritt mit der sich rasant wandelnden Fahrzeugtechnik. Und das alles auf Grundlage einer begrenzten Anrechnungsstundenzahl, die nun weiter gekürzt werden soll.
Hier stellt sich die Frage: Welchen Wert hat fachliches Engagement und pädagogische Qualität in Sachsen noch?
Mit der geplanten Kürzung der Anrechnungsstunden für Fachberater*innen sendet das Sächsische Kultusministerium ein fatales Signal – nicht nur an die Betroffenen selbst, sondern an alle, die sich für hochwertige berufliche Bildung einsetzen. Denn statt echte Entlastung und Anerkennung für pädagogische Zusatzverantwortung zu schaffen, wird weiter das Fundament der Unterrichtsqualität zerstört.
GEW-Fazit: Wer Qualität will, muss Qualität fördern – und darf Fachberater*innen nicht zum Spielball der Personalpolitik machen.
Geschäftsstelle der GEW Sachsen
04229 Leipzig