Um dieser für Sachsen besonders drängenden Frage endlich ein angemessenes Forum zu geben, veranstaltete die GEW Sachsen in Kooperation mit dem Kulturbüro Sachsen und der Landeszentrale für politische Bildung am 20. Februar eine Fachtagung zum Thema „Willkommen und Integration“.
Ziel war es, durch einen praxisnahen Austausch zur erarbeiten, welche Rahmenbedingungen in Sachsen bestehen und welche Veränderungen an sächsischen Schulen notwendig sind, damit Integration nicht in erster Linie mit Belastung und Überforderung verbunden wird, sondern als leistbare Herausforderung angenommen werden kann.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Frau Kirst von der sächsischen Landeszentrale erhielten circa 80 Teilnehmer*innen aus ganz Sachsen einen Überblick über die schulische Praxis. Die GEW-Kollegin Ulrike Emtanes schilderte eindrucksvoll, vor welchen Herausforderungen sie täglich steht und welche Bereicherung sie durch die zugewanderten Jugendlichen immer wieder erfährt. Sie zeigte durch ihren Beitrag, dass neben finanziellen und anderen Ressourcen es auch darum geht, mit Wertschätzung sowohl den neuen Schüler*innen und als auch den Kolleg*innen im Bildungsbereich zu begegnen, um die schulische Integration gelingen zu lassen.
Den zweiten Einblick in die Praxis bot im Anschluss Franz Hammer vom Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus des Kulturbüro Sachsen e.V., indem er von den Erfahrungen aus der Beratung an Schulen berichtete. Aus diesem Vortrag ergaben sich u.a. die Fragen: „Wie gelingt es verschiedene Akteure an und um die Schule herum in die Integration der neuen Schüler*innen einzubeziehen?“ und „Wie lassen sich Ausgrenzungen und Gruppenbildungen an den Schulen verhindern?“.
In den zwei folgenden Vorträgen wurde zunächst von Frau Saalmann (SBI) die Möglichkeiten der sächsischen Integrationskonzeption nicht nur detailliert, sondern geradezu mitreißend vorgestellt, anschließend wurde durch Birgit Witte vom Ökohaus Rostock e.V. der Blick über die Landesgrenze hinaus zur Situation in Mecklenburg-Vorpommern gerichtet. Hier wurden nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen 1992 erfolgreich große Anstrengungen unternommen, rassistische Vorurteile bei der Bevölkerung abzubauen und durch breit angelegte Unterstützungsstrukturen eine Willkommenskultur an Schulen umzusetzen.
Beide Vorträge zusammen, in Verbindung mit den jeweils anschließenden Diskussionen, eröffnete eine Einsicht in die Voraussetzungen und Handlungsbedarfe, denen wir in Sachsen gegenüberstehen. Nach der Mittagspause konnten sich die Kolleg*innen in drei Workshops mit den jeweiligen Inhalten vertieft auseinanderzusetzen.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich die Diskussionsergebnisse der Tagung wie folgt zusammenfassen:
- Die „Sächsische Konzeption zur Integration von Migranten“ sichert wichtige Qualitätsstandards für die sprachliche Bildung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher. In der praktischen Umsetzung fehlen häufig nicht nur die finanziellen und personellen Ressourcen an den Schulen, sondern auch die Kenntnis und Anwendung dieser gesetzlichen Vorgaben. Hier sind die Schulleitungen in besonderer Weise gefordert.
- Diskriminierungen – nicht nur neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher – werden an sächsischen Schulen noch viel zu häufig als „ganz normale“ Alltagskonflikte heruntergespielt. Nötig sind geschulte und aufmerksame Lehrkräfte und Schulleitungen, sowie unabhängige Hilfsangebote für die Betroffenen.
- Interkulturelles Lernen, Sprachliche Bildung in allen Fächern, Anerkennung von Mehrsprachigkeit - in diesen Bereichen benötigen die Lehrkräfte für die tagtägliche Arbeit dringend qualifizierte Fort- und Weiterbildungen. Angebote durch die Sächsische Bildungsagentur sind bisher unzureichend.
- Organisationen der migrantischen Selbstorganisation müssen in Sachsen künftig an der Konzeption und Umsetzung der schulischen Integration beteiligt werden. Nur so wird schulischer Erfolg, ihre gleichberechtigte Teilhabe und Schutz vor Diskriminierung umzusetzen sein.