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Das SMK und die geschlechtergerechte Sprache

Wer alle meinen will, muss auch alle ansprechen!

Anfang des Schuljahres löste ein Schreiben des SMK große Irritationen bei vielen Kolleg*innen an Schulen aus: Verstärkt durch die mediale Berichterstattung hatten sie den Eindruck, dass das SMK angeordnet hätte, dass das „Gendern“ an sächsischen Schulen jetzt amtlich verboten sei. Ein Teil der Kolleg*innen schien darüber sehr erfreut zu sein: „Endlich muss ich nicht mehr gendern!“ Ein anderer Teil war sehr verärgert: „Jetzt verbietet mir das SMK sogar schon den Mund …“

In einer Anlage zum Schreiben an die Schulleiter*innen vom 25.08.2021 stellt das SMK u. a. fest, dass Sprache die Wahrnehmung von der Welt präge und beeinflusse. Die Förderung der Gleichberechtigung aller Menschen – unabhängig von deren Geschlecht – in der schulischen Gemeinschaft sei zu leben und zu fördern, „um das Potenzial aller Schülerinnen und Schüler ohne geschlechterbezogene Benachteiligungen und Stereotypisierungen optimal zu nutzen und weiterzuentwickeln.“ Allerdings hält das SMK die Verwendung von Sonderzeichen wie Gender-Stern, Gender-Doppelpunkt, Gender-Unterstrich oder Doppelpunkt im Wortinneren zur Verwirklichung einer geschlechtergerechten Sprache für ungeeignet. Das Ministerium begründet seine Ablehnung damit, dass die Verwendung von Sonderzeichen die Kriterien für eine gendergerechte Schreibung nicht erfüllen würde und dass dies nicht den aktuellen Festlegungen des Amtlichen Regelwerkes entspräche. Laut SMK sollen in Schulen die Verwendung geschlechtsbezogener Paarformen, geschlechtsneutraler Formulierungen und Passivformen sowie Umschreibungen zur Anwendung kommen.

Als Reaktion auf diese Haltung des SMK haben die Arbeitsgruppe LSBTI* in der GEW Sachsen und Uschi Kruse einen gemeinsamen Brief an den Kultusminister Christian Piwarz verfasst. Darin betonen sie, dass sie sich sehr darüber freuten, dass das SMK sich dazu entschlossen hätte, die wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Diskriminierung von Frauen in der Sprache anzuerkennen und diese jetzt auch in den Verwaltungsschreiben umsetzen zu wollen. Die GEW stellt fest, dass es laut dem Institut der deutschen Sprache kein Problem in der deutschen Sprache zu sein scheint, Auslassungen zu markieren. Außerdem kritisiert sie, dass es sich bei binären Paarformen nicht um inklusive Sprache handeln würde und bat den Kultusminister um Auskunft zu den geplanten Umsetzungsmaßnahmen, die der Anlage des Schreibens an die Schulleiter*innen zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache folgen sollen. Der Minister möge zudem darstellen, wie im Geschäftsbereich des SMK zukünftig trans*, inter* und nicht-binäre, also alle nicht-cis-geschlechtlichen, Personen angesprochen werden sollen.

In seiner Antwort versicherte das SMK erneut seinen hohen Anspruch an die Verwirklichung von Gleichberechtigung, betont aber nochmals, dass Sonderzeichen eben nicht regelkonform seien und im Übrigen auch die Verwendung des generischen Maskulinums eine zulässige Form gendergerechter Sprache darstellen würde. Mit seinem Schreiben sei das SMK dem Wunsch nach Klarheit und Verbindlichkeit im Zusammenhang mit geschlechtergerechter Sprache gefolgt und sähe keinen Anlass für weitere Maßnahmen.

Die AG LSBTI* zeigt sich erleichtert, dass das SMK offensichtlich nicht beabsichtigt, Verstöße gegen die Vorgaben zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache zu ahnden. Vor allem jedoch muss noch einmal klargestellt werden, dass die Verwendung binärer Paarformen oder einzig des generischen Maskulinums keine inklusive Sprache darstellt, weil beispielsweise „divers“ eben weder „weiblich“ noch „männlich“ ist und das deutsche Personenstandsrecht sogar vier Geschlechtseinträge kennt („divers“, männlich“,“weiblich“, „ohne Eintrag“).

Die AG LSBTI* in der GEW Sachsen befürchtet, dass das Schreiben und die Kommunikation darüber, dafür sorgen, dass Lehrkräfte ausgebremst werden, die sich oft gegen große Widerstände bereits auf den Weg gemacht haben, für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Schulen auch durch die Verwendung inklusiver Sprache einzutreten. In einer Zeit, in der selbst das sächsische Schulgesetz sowie Lehrpläne und Verordnungen in der Regel nur männliche Personen kennen, ist es besonders relevant, Kolleg*innen zu ermutigen und zu unterstützen, eine inklusive Sprache zu benutzen.

An dieser Stelle sei wiederholt auf die GEW-Broschüre „Eine Sprache, die alle anspricht – geschlechterbewusste Sprache in der Praxis“ [1] verwiesen, die GEW-Kolleg* innen aus dem gesamten Bundesgebiet bereits 2016 erstellt hatten.

LSBTI* steht für lesbisch, schwul, bisexuell, trans* und inter*.

Der Gender-Stern oder Asterisk* steht für weitere, nicht benannte geschlechtliche Identitäten oder sexuelle Orientierungen.

  • Lesbische Frauen fühlen sich zu Frauen hingezogen.
  • Schwule Männer fühlen sich zu Männern hingezogen.
  • Bisexuelle Menschen fühlen sich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen.
  • Cis-(geschlechtliche) Menschen leben in Übereinstimmung mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht.
  • Trans* (transidente/transgender/transgeschlechtliche Menschen) identifizieren sich nicht oder nur teilweise mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
  • Inter* (intergeschlechtliche Menschen) werden mit Variationen der Geschlechtsmerkmale geboren, die den medizinischen binären geschlechtlichen Standards und Normen von männlich und weiblich nicht entsprechen.
     

Alexander Lotz, AG LSBTI*

[1] https://www.gew.de/fileadmin/media/publikationen/hv/Gleichstellung/Verschiedenes/20160503_GeschlBewusstSprache_web.pdf