Recht
Was Sie wissen müssen, wenn Sie als Beschäftigte in Kita, Hort und Co. in Teilzeit arbeiten wollen
Um als pädagogische Fachkraft bei einem kommunalen oder sonstigen Träger in Teilzeit zu arbeiten, kommen mehrere Rechtsgrundlagen in Betracht.
Um als pädagogische Fachkraft bei einem kommunalen oder sonstigen Träger in Teilzeit zu arbeiten, kommen mehrere Rechtsgrundlagen in Betracht. Im Folgenden soll ein Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten verschafft werden, vor allem deswegen, weil in Zukunft das Thema aufgrund sinkender Kinderzahlen wohl vermehrt eine Rolle spielen dürfte. Die Rechtslage für Lehrkräfte wurde bereits in vorherigen Artikeln dargelegt.
Kommunale Beschäftigte
1. Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nach § 11 Abs. 1 TVöD
Mit Beschäftigten, die mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen tatsächlich betreuen oder pflegen und dem TVöD angehören, soll nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TVöD auf Antrag eine Verringerung der individuellen Arbeitszeit vereinbart werden. Dies ist die Konstellation der sog. familiären Teilzeit. Ob die Beschäftigten neben der Betreuung noch andere persönliche Motivationen verfolgen, ist dabei irrelevant. Unerheblich ist zudem, ob das Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet ist. Der Antrag auf Teilzeitbeschäftigung kann auch während der Elternzeit oder im Sonderurlaub – gestellt werden, sodass die Arbeitszeitverringerung danach nahtlos in Kraft treten kann.
Bei Vorliegen dieser familiären Voraussetzungen darf der Arbeitgeber den Wunsch der Beschäftigten auf Reduzierung der Arbeitszeit nur ablehnen, falls dringende dienstliche Belange entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung müssen die entgegenstehenden dienstlichen Interessen von erheblichem Gewicht sein und sich außerdem als zwingende Hindernisse für die beantragte Kürzung der Arbeitszeit und deren Verteilung darstellen.
Liegen also die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 TVöD vor, haben die Beschäftigten einen Anspruch auf Vereinbarung einer geringeren Arbeitszeit. Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus dieser Vorschrift nicht nach, ist eine Klage auf Teilzeitbeschäftigung denkbar.
Familiär bedingte Teilzeitbeschäftigung ist auf Antrag der Beschäftigten auf bis zu fünf Jahre zu befristen, mit der Option zu verlängern. Der Verlängerungsantrag muss spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung gestellt werden.
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD hat der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten die besondere persönliche Situation der Beschäftigten zu berücksichtigen. Bei der Gestaltung der Arbeitszeit geht es um die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage bzw. um die Lage der täglichen Arbeitszeit. Geben Sie Ihre diesbezüglichen Wünsche gleich im Antrag mit an.
Wer gilt als Kind im Sinne des § 11 Abs. 1 TVöD?
Kinder sind im ersten Grad mit den Antragstellenden verwandte Kinder, Pflegekinder, von den Antragstellenden in deren Haushalt aufgenommene Kinder der Ehepartner*innen und von den Antragstellenden in deren Haushalt aufgenommene Enkel.
Es muss sich daher nicht um ein leibliches Kind handeln. Zudem muss der Antrag nur vor Vollendung des 18. Lebensjahres gestellt werden, das heißt, die Arbeitszeitverkürzung ist nicht auf die Vollendung des 18. Lebensjahres begrenzt.
Die tatsächliche Betreuung oder Pflege des Kindes erfordert nicht, dass Sie das Kind in der arbeitsfreien Zeit ununterbrochen betreuen. Es bedeutet auch nicht, dass der Umfang der Arbeitszeitreduzierung mit dem für die Betreuung erforderlichen Zeitaufwand exakt übereinstimmen muss. Das Kind muss aber in der Regel in Ihrem Haushalt leben. Eine besondere Betreuungs- oder Pflegebedürftigkeit muss nicht nachgewiesen werden.
Wer sind Angehörige im Sinne des § 11 Abs. 1 TVöD?
Angehörige sind zunächst Kinder, die älter als 18 Jahre alt sind sowie Verlobte, Ehepartner*innen, Lebenspartner*innen, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehepartner*innen der Geschwister und Geschwister der Ehepartner*innen, Lebenspartner*innen der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner*innen, Geschwister der Eltern, Pflegeeltern und Pflegekinder (siehe § 20 Abs. 5 Satz 1 VwVfG).
Angehörige sind auch Lebenspartner*innen nach LPartG (Lebenspartnerschaftsgesetz) sowie Lebensgefährten außerhalb einer Lebenspartnerschaft, soweit sie mit dem*der Beschäftigten in eheähnlicher Gemeinschaft leben.
Was ist unter Pflegebedürftigkeit der Angehörigen zu verstehen?
Die Pflegebedürftigkeit der Angehörigen ist gegeben, wenn die Voraussetzungen der §§ 14, 15 SGB XI (voraussichtlich) erfüllt sind. Das bedeutet, es muss mindestens Pflegegrad 1 vorliegen. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate vorliegen. Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt nach § 18 SGB XI durch Begutachtung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen.
Auf Verlangen des Arbeitgebers ist die durch den medizinischen Dienst festgestellte Pflegebedürftigkeit nachzuweisen. Sicherlich ist es sinnvoll, den Nachweis dem Antrag direkt beizufügen, um den Prozess zu beschleunigen.
Was meint tatsächliche Betreuung oder Pflege der Angehörigen?
Ausreichend ist die Absicht, sich nach der Arbeitszeitverringerung um den*die pflegebedürftigen Angehörige*n kümmern zu wollen. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Arbeitszeitverringerung in Kraft treten soll. Es ist nicht notwendig, dass diese Voraussetzungen während der kompletten Arbeitszeitverringerung andauern. So bleibt zum Beispiel eine vereinbarte Arbeitszeitverringerung in Kraft, auch wenn das zunächst minderjährige Kind volljährig wird oder ein pflegebedürftiger Angehöriger stirbt.
Das Sächsische Gleichstellungsgesetz gilt für kommunale Einrichtungen und sieht unter anderem vor, dass bei Teilzeit zur Wahrnehmung von Familien- oder Pflegeaufgaben die oder der Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen ist, §§ 11 ff. SächsGleiG.
2. Teilzeit aus sonstigen Gründen nach § 11 Abs. 2 TVöD
In sonstigen Fällen haben Beschäftigte nach § 11 Abs. 2 TVöD kein Recht auf Reduzierung der Arbeitszeit, sondern lediglich einen Anspruch auf Erörterung des Teilzeitwunsches. Der Arbeitgeber muss jedoch im Rahmen seiner Fürsorgepflicht im Einzelfall prüfen und begründen, ob dienstliche Belange der Teilzeit entgegenstehen.
Ansprüche unabhängig von der Tarifbindung
3. Teilzeit nach dem TzBfG
Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) enthält für alle Beschäftigten Ansprüche auf die Vereinbarung von Teilzeit unter bestimmten Voraussetzungen und zwar unabhängig von einer Tarifbindung.
Gem. § 8 Abs. 1 TzBfG haben Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber länger als sechs Monate bestanden hat und bei in der Regel mehr als 15 Beschäftigten, einen Anspruch auf Teilzeitarbeit, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Teilzeitwunsch muss gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG drei Monate vor dem geplanten Beginn in Textform geltend gemacht werden. Dabei ist zwingend der Umfang der beantragten Teilzeitbeschäftigung anzugeben, die Verteilung der Arbeitszeit soll mit angegeben werden. Betriebliche entgegenstehende Gründe lägen beispielsweise vor, wenn die gewünschte Arbeitszeit den Arbeitsablauf, die Sicherheit oder die Organisation an sich wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde.
Neu seit 2019 ist die sog. Brückenteilzeit, geregelt in § 9a TzBfG. Es handelt sich hierbei um eine zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit (ein bis fünf Jahre).
4. Weitere Rechtsgrundlagen
Es gibt noch weitere Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer eine Teilzeitbeschäftigung verlangt werden kann. Hierzu muss jeweils ein bestimmter Lebensumstand hinzutreten.
Nach dem Pflegezeit- und dem Familienpflegezeitgesetz kann ein Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung bestehen. Demnach kann unter konkreten Voraussetzungen Teilzeit für die Pflege naher Angehöriger gewährt werden. Diese teilweise oder vollständige Freistellung ist allerdings zeitlich begrenzt. Wer einen Anspruch auf (Familien) -pflegezeit hat, hat auch einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.
Auch während der Elternzeit ist eine Teilzeitbeschäftigung von mittlerweile bis zu 32 Stunden möglich. Einzelheiten dazu sind in § 15 Abs. 4 bis 7 BEEG geregelt.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer*innen haben zudem nach § 164 Abs. 5 SGB IX einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, bei Inanspruchnahme von Teilrente gilt 42 Abs. 3 SGB VI.
5. Erzwungene Teilzeit
Damit der Arbeitgeber Teilzeit erzwingen kann, muss dies mit einem sogenannte Änderungsvertrag umgesetzt werden, sofern der Arbeitsvertrag an sich nicht schon eine flexible Arbeitszeitgestaltung vorsieht. Sollten Sie diesen Änderungsvertrag nicht unterschrieben wollen, wird Ihnen eine sog. Änderungskündigung vorgelegt. Diese können Sie dann mit dem Rechtsschutz der GEW Sachsen gerichtlich überprüfen lassen. Wenn dann herauskommt, dass die Änderungen ungerechtfertigt sind, besteht dann das Arbeitsverhältnis zu den ursprünglichen Bedingungen fort. Sollte Ihnen also ein Änderungsvertrag vorgelegt werden, wenden Sie sich bitte an die Landesrechtsschutzstelle oder an die für Ihre Region zuständigen Gewerkschaftssekretär*innen.
6. Mitbestimmung
Nach § 80 Abs. 1 Nr. 11 SächsPersVG hat der Personalrat bei der Ablehnung von Teilzeitanträgen eingeschränkte Mitbestimmung. Wir raten Kolleg*innen daher den Personalrat über den gestellten Teilzeitantrag zu informieren.
Der Betriebsrat hat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage teilzeitbeschäftigter Beschäftigter mitzubestimmen, siehe § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Die Erhöhung der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit eines (teilzeitbeschäftigten) Beschäftigten stellt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG dar, wenn sie die Dauer von einem Monat überschreitet und mindestens zehn Wochenstunden beträgt (BAG v. 9.12.2008 - 1 ABR 74/07).
Bei weitergehenden Fragen und Problemen wenden Sie sich an die für Ihre Region zuständigen Gewerkschaftssekretär*innen oder an rechtsschutz@gew-sachsen.de.
04229 Leipzig