Landtagswahl 2024
Gemeinsamer Wahlaufruf von GEW, LandesSchülerRat und Landeselternrat
Unter dem Motto „Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie“ rufen GEW Sachsen, der LandesSchülerRat und der Landeselternrat dazu auf, am 1. September wählen zu gehen und sich für mehr Demokratie in der Bildung einzusetzen.
Demokratie braucht Bildung – Bildung braucht Demokratie
Gemeinsamer Wahlaufruf von GEW Sachsen, LandesSchülerRat Sachsen und LandesElternRat Sachsen
Unser demokratisches Gemeinwesen ist kein statisches Gebilde: Ohne aktives Handeln wird es unbeständig und fragil. Die Gestaltung einer offenen, vielfältigen und diskursiven Gesellschaft ist für uns alle eine immerwährende Aufgabe und eine alltägliche Praxis. Und genau wie jede andere Praxis, muss auch Demokratie gelernt und eingeübt werden. Bildung ist für eine funktionierende Demokratie eine existenzielle Notwendigkeit, weil „Demokratie die einzige Staatsform ist, die gelernt werden muss” (Oskar Negt). Und in der Bildung muss diese Demokratie gelebt und gelernt werden.
Gerade jetzt, in einer Zeit, in der politische Spannungen und rechtsextreme Strömungen zunehmen, sind Kitas, Schulen und Hochschulen Spiegel der Gesellschaft. Soziale Verwerfungen, nicht erfolgte Integration und lokale Überforderung im Sozialraum, wirken sich auch in unseren Bildungsinstitutionen aus. Die Verrohung und die soziale Spaltung wird von denjenigen genährt, die unsere offene Gesellschaft bedrohen. Sorgen und Ängste werden instrumentalisiert, Triggerpunkte gezielt angesprochen und die öffentliche Auseinandersetzung bewusst entgrenzt. Umso wichtiger ist es gerade jetzt, dass jeder einzelne aktiv wird, sich engagiert und an der demokratischen Praxis teilnimmt.
Gemeinsam rufen die Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen, der LandesSchülerRat Sachsen und der LandesElternRat Sachsen auf,
- am 1. September zur Landtagswahl in Sachsen zu gehen und seine Stimme für gute Bildung, Vielfalt und Demokratie abzugeben,
- Extremismus, Rassismus, Ausgrenzung und dem Verlassen des demokratischen Diskurses in Bildungseinrichtungen entgegenzutreten und
- sich für eine diverse, starke und demokratiefördernde Bildung einzusetzen.
Von der Landespolitik erwarten wir eine Stärkung der Demokratiebildung und mehr Unterstützung von Schüler:innen, Lehrkräften und Eltern zur Prävention und zum Umgang mit extremistischen Vorfällen. Dies bedeutet insbesondere:
- Politische Bildung als Querschnittsthema: Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung und die Einbeziehung ihrer Position bei Entscheidungen. Sie haben das Recht auf Informationsfreiheit, die freie Entfaltung und die gesellschaftliche Teilhabe. Eine demokratiefördernde Bildung wendet diese Grundsätze täglich an, reflektiert sie durch den Einbezug aktueller politischer Themen sowie historischer Ereignisse und fördert damit altersgerecht die Mündigkeit. Bildung ist nicht wertneutral. Sie steht auf dem Fundament der Werte der Demokratie, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der offenen, vielfältigen Gesellschaft.
- Haltung statt Neutralität: Lehrkräfte müssen gestärkt werden, den Diskurs auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrecht zu erhalten und gegen Extremismus, Antisemitismus, Rassismus, Gewaltverherrlichung und menschenverachtende Äußerungen vorzugehen. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Lebenswelt oder ihrem Glauben respektiert und wertgeschätzt werden.
- Null-Toleranz-Strategie bei extremistischen und gewalttätigen Vorfällen: Alle Fälle müssen gemeldet, angezeigt und juristisch verfolgt werden. Die Betroffenen sollen professionell unterstützt und begleitet werden.
- Stärkung der Mitwirkung aller Beteiligten: Bildung darf nicht zentralistisch top-down sein. Sie wird von den Akteur:innen vor Ort gestaltet und wird erst dadurch demokratisch. Deshalb ist die Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen das richtige Ziel. Um dieses zu erreichen, müssen Elternmitwirkung, Schüler:innenmitwirkung und die Mitbestimmung der Beschäftigten unter Einbeziehung von uns – den Interessenorganisationen von Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften – gestärkt und ausgebaut werden.
- Ausbau und langfristige Förderung von Demokratieprojekten für Schulen: Schulen sind bei außerschulischen Lernorten, Präventionsarbeit, Demokratieerziehung und in Krisenfällen auf externe Partner:innen angewiesen. Deren Finanzierung ist meist nicht langfristig gesichert, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind damit häufig prekär und Sachmittel unzureichend. Der Freistaat muss angesichts der Bedeutung dieser Projekte und für die Planbarkeit der Schulen die Finanzierung sicherstellen und langfristige Zusagen erteilen.
Angesichts der sozialen Spaltung, des Lehrkräftemangels und der wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen ist Bildung die wichtigste innenpolitische Aufgabe und muss bei der nächsten Landesregierung die oberste Priorität haben. Für eine qualitative Weiterentwicklung der schulischen Bildung in Sachsen mit dem Ziel, die Demokratie langfristig zu stärken, müssen sich die zur Wahl stehenden Parteien mit diesen Forderungen auseinandersetzen.