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Schule

Umsetzung des Digitalpakts muss sozial gerechter sein

Zur Umsetzung des Digitalpakts in Sachsen hat das Kultusministerium eine Verordnung veröffentlicht, die nicht auf soziale Kriterien eingeht. Aus Sicht der GEW Sachsen müssen die Mittel jedoch vor allem an Schulen ankommen, bei denen die Herausforderungen am größten sind, um tatsächlich einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten.

Die GEW Sachsen begrüßt grundsätzlich, dass nach der Freigabe der entsprechenden Kofinanzierung nunmehr rund 28 Millionen für die Anschaffung mobiler Endgeräte für sächsische Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen. Wie groß und wie dringend der Handlungsbedarf ist, hat die Corona-Krise in den vergangenen Monaten deutlich gemacht. Da rechnerisch aus dem Sonderprogramm nur 56,12 € auf jeden sächsischen Schüler/ jede sächsische Schülerin entfallen, ist es erforderlich, bei der Verteilung Prioritäten zu setzen.  

Um den vom SMK versprochenen „Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit“, leisten zu können, müssen die Mittel insbesondere in den Schulen ankommen, in denen die Herausforderungen am größten sind. Statt einen Sozialindex zu Grunde zu legen, soll nach der Verordnung des Kultusministeriums allerdings die Vergabe der Fördermittel an öffentliche Schulträger und Träger von Freien Schulen lediglich an die Zahl der Schülerinnen und Schüler gebunden sein.

Wie unterschiedlich die Anteile der Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen der sozialen Mindestsicherung in den Kreisfreien Städten, Landkreisen und bei Trägern Freier Schulen sind, ist bekannt. Schon diese Daten hätten eine andere und gezieltere Verteilung der Fördermittel erfordert. Wenn jetzt die Kommunen aus Zeitgründen bei der Vergabe der Leihgeräte ebenfalls die Zahl der Schüler*innen zum Hauptkriterium machen, besteht die Gefahr, dass benachteiligte Schülerinnen und Schüler noch weiter abgehängt werden und die Gräben noch tiefer werden.

Die Zahl der Endgeräte, die bspw. an Schulen mit 300 Schülerinnen und Schülern ankommen, wäre gleich - unabhängig davon, ob 70 Prozent der Eltern Sozialleistungen erhalten oder ob die Eltern Schulgeld von mehreren Hundert Euro im Monat entrichten können.

Nur Geräte, die in den Schulen ankommen, können von diesen verliehen werden. Die Ankündigung des SMK, die Schulen könnten „entsprechend dem Bedarf darüber entscheiden, welchen Schülern die Geräte leihweise zur Verfügung gestellt werden“ verschleiert, dass der Verteilungsmodus der Herstellung von Bildungsgerechtigkeit zu wenig gerecht wird.

Zum Hintergrund

Im Rahmen einer Bund-Länder-Vereinbarung zur Ausleihe von digitalen Endgeräten an Schulen werden aus Bundesmitteln 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Bundesländer sind verpflichtet diese mit einem Zehnprozentanteil aufzustocken. Die entsprechenden Finanzentscheidungen wurden in Sachsen inzwischen getroffen und die Mobile-Endgeräte-Förderverordnung (MobilEndFöVO) durch das SMK veröffentlicht.

Aufgrund der Corona-Pandemie und der derzeitigen und eventuell zukünftigen Einschränkungen beim Präsenzunterricht werden zusätzliche Mittel für digitale Endgeräte bereitgestellt. Die Geräte sollen Schüler*innen zur Verfügung gestellt werden, die aufgrund ihrer häuslichen Situation nicht auf bestehende Geräte zurückgreifen können. Zusätzlich ist geplant, mit Mobilfunkanbietern Lösungen für Schüler*innen zu finden, die aufgrund ihrer häuslichen Situation nicht auf eine Netzanbindung zugreifen können. Ein dritter Aspekt ist die Förderung der digitalen Ausstattung von Schulen, um professionelle online-Lernangebote zu ermöglichen.

Die Verteilung der Mittel des Bundes erfolgte nach dem „Königsteiner Schlüssel“. Dabei sind öffentliche und private Träger anteilig zu berücksichtigen.
Der Freistaat Sachsen erhält einen Anteil von 4,99085 %, was 24.954. 250 Euro entspricht. Die Entscheidung über die Kofinanzierung mit 2,7 Millionen € Landesmitteln hat der haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen Landtages am 22.07.2020 getroffen.

Für die 484.698 sächsischen Schüler*innen an öffentlichen Schulen und Schulen in Freier Trägerschaft stehen damit 27,7 Millionen € zur Verfügung (56,12 € p. P.) Sie werden den Schulträgern auf deren Antrag zur Anschaffung von schulgebundenen mobilen Endgeräten, einschließlich der Inbetriebnahme und des erforderlichen Zubehörs, gewährt.

Die Bundesländer müssen sicherstellen, dass diese Endgeräte in die durch den DigitalPakt Schule förderfähige Infrastruktur integriert werden können.
Wie schon im ursprünglichen DigitalPakt können die Bundesmittel allerdings nicht für die Wartung und den Betrieb der anzuschaffenden Geräte eingesetzt werden.

Weiterhin werden Ausstattungen der Schulen gefördert, die für die Erstellung professioneller online-Lernangebote erforderlich sind, u.a.:

  • benötigte technische Werkzeuge zur Gestaltung von Medien für digitale Unterrichtsformen (z.B. Aufnahmetechnik)
  • Software und
  • benötigte Schulungen.

Die mit diesen Fördermitteln erstellten Inhalte sollen als Offene Lernmaterialien (OER) zur Verfügung gestellt werden.

Die Bundesländer sind verpflichtet, Regelungen zu erlassen, wie die Mittel verausgabt werden. Im Sinne einer möglichst schnellen Beschaffung und Erstellung müssen die Mittel im Jahr 2020 vollständig verausgabt werden.

Angeschafft werden die finanzierten Geräte von den Ländern, den Schulträgern oder in deren Auftrag. Die Schulen selbst oder von Schulträgern Beauftragte stellen sie den Schüler*innen per Ausleihe zur Verfügung.

Obwohl mit den nun zusätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln insbesondere der deutlich gewordenen Bildungsungerechtigkeit begegnet werden sollte, erfolgt die Vergabe der Fördermittel in Sachsen nicht auf der Basis eines Sozialindex. In § 5 der MobilEndFöVO heißt es:

„Berechnung der Zuweisungen

(1) Der Anteil eines Zuweisungsempfängers an den für Zuweisungen vorgesehenen Haushaltsmitteln bestimmt sich nach dem Verhältnis der Gesamtschülerzahl des Zuweisungsempfängers zur Gesamtschülerzahl im Freistaat Sachsen.“

Das Problem der Wartung und Instandsetzung ist ungeklärt. Die Schulen brauchen dringend externes Wartungspersonal, um kontinuierliche Wartung und Support sicherzustellen und Lehrkräfte von „dienstfremden“ Aufgaben zu entlasten.

Unabhängig vom Programm des Bundes benötigen nicht nur Schüler*innen sondern auch Lehrkräfte Unterstützung:

Nach der aktuellen Mitgliederbefragung der GEW arbeiten rund 90 % der Kolleg*innen mit ihren privaten Endgeräten. Die Anschaffung von dienstlichen Endgeräten für alle Lehrkräfte ist zwingend notwendig.

Auf schnellstem Wege müssen alle Pädagog*innen Fortbildungsangebote zu den zur Verfügung stehenden Plattformen (LernSax, OPAL usw.) erhalten, um auf lokale oder regionale Schulschließungen besser vorbereitet zu sein. Das schließt insbesondere auch die Aspekte Datenschutz und Datensicherheit ein.
 

Carsten Müller
Referatsleiter Schulische Bildung