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Tarifwissen TV-L und TVöD

Stufenzuordnung bei Einstellung

Die Stufenzuordnung bei Einstellung wird in beiden Tarifverträgen in § 16 Abs. 2 und 2a geregelt. Beide Absätze beginnen mit: „Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt.“ Der Kernbegriff ist somit die einschlägige Berufserfahrung.

Einschlägige Berufserfahrung

Diese ist rechtlich zwar nicht klar definiert, doch durch die Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts mittlerweile ziemlich eng umschrieben. Konkret liegt sie vor, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird. Möglich ist ebenfalls, dass die Tätigkeit gleich oder gleichartig ist und in der Eingruppierung der gleichen Wertigkeit entspricht. Entscheidend ist dabei letztlich, ob das Wissen und Können sowie Kenntnisse und Erfahrungen der früheren Tätigkeit typischerweise konkret auch für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen.

Regulär setzt der Arbeitgeber bei Einstellung fest, ob vorherige Tätigkeiten als einschlägige Berufserfahrung gelten oder nicht. Während diese Entscheidung in den meisten Fällen einvernehmlich ist, führt sie immer wieder auch zu Auseinandersetzungen. GEW-Mitglieder wehren sich deshalb regelmäßig durch unseren Rechtsschutz gegen fehlende Anerkennungen. Einen Grenzfall erleben wir beispielsweise leider immer wieder: Bei Lehramtsabsolvent*innen, die an der Universität Lehramtsstudierende in Didaktik unterrichten, wird anschließend beim Wechsel zum Beruf als Lehrer*in diese Zeit an der Universität nicht als einschlägige Berufserfahrung anerkannt.
Andersherum passiert es ebenso regelmäßig: Eine langjährige Lehrkraft wechselt in die Lehrerbildung, um das Wissen an Lehramtsstudierende weiterzugeben. Hier wird von Arbeitgeberseite meist scharf zwischen Hochschullehre und Lehrer*innentätigkeit an der Schule unterschieden. Das widerspricht klar unserer Auffassung, dass jeweils das Wissen und Können sowie Kenntnisse und Erfahrungen für die neue Tätigkeit erforderlich sind und diese prägen.

Wie wird einschlägige Berufserfahrung anerkannt?

Umfasst diese einschlägige Berufserfahrung mindestens ein Jahr, erfolgt die Einstellung mindestens in Stufe 2. Im Übrigen spielt der Stellenumfang keine Rolle. Auch bei Teilzeitquoten unter 50 Prozent ist die einschlägige Berufserfahrung nach Rechtsprechung des BAG voll anzuerkennen.

Im TVöD gilt: Umfasst die einschlägige Berufserfahrung mindestens drei Jahre, erfolgt in der Regel die Zuordnung in Stufe 3. Außerdem: „Bei Einstellung von Beschäftigten in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst [im Geltungsbereich des TVöD] oder zu einem anderen Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, kann die in dem vorherigen Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden“. Die volle Anerkennung der Berufserfahrung über Stufe 3 hinaus ist innerhalb des TVöD somit lediglich eine KANN-Regelung.

Im TV-L gilt: Erfolgt die Einstellung beim gleichen Arbeitgeber, bei dem auch die Zeiten einschlägiger Berufserfahrung absolviert wurden, werden diese Zeiten bei der Stufenzuordnung voll anerkannt, allerdings nur, wenn dieses vorherige Arbeitsverhältnis längstens vor sechs Monaten endete (bei Wissenschaftler*innen ab E 13 längstens vor zwölf Monaten). Waren diese Zeiten aus einem Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber, gilt: Bei einschlägiger Berufserfahrung von mindestens einem Jahr erfolgt die Einstellung in Stufe 2, bei mindestens drei Jahren in Stufe 3. Außerdem gilt die o. g. KANN-Regelung zur vollen Anerkennung der Berufserfahrung im TVöD analog auch innerhalb des TV-L sowie vergleichbarer Tarifverträge. Eine Sonderregel gibt es bei Lehrer*innen: Der Vorbereitungsdienst wird grundsätzlich mit sechs Monaten bei der Stufenlaufzeit angerechnet (§ 6 TV EntgO-L). Tarifbeschäftigte können sich damit beim Berufseinstieg in den Schuldienst i.d.R. bereits nach einem halben Jahr in Stufe 1 (ohne weitere einschlägige Berufserfahrung) über den schnelleren Stufenaufstieg freuen (bei verbeamteten Lehrkräften wird der Vorbereitungsdienst nicht bei der Stufenlaufzeit angerechnet).

In TV-L und TVöD gilt außerdem ein Spielraum für den Arbeitgeber zur Personalgewinnung: „Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.“

Bei all diesen Regelung wird jedoch lediglich die Stufenzuordnung geregelt. Die Stufenlaufzeiten, also die Zeit, die man in einer Stufe bereits absolviert hat, beginnt bei Einstellung immer von vorn. Besonders bei Befristungen, insbesondere an Hochschulen und Universitäten, führt dies immer wieder zu Ärger bei den Betroffenen, da jede Einstellung auf eine neue befristete Stelle die Stufenlaufzeit wieder auf Null setzt und damit Stufenaufstiege verhindert werden. Dies ist einer der Punkte, die es in TV-L und TVöD weiterzuentwickeln gilt.

Meine einschlägige Berufserfahrung wurde nicht anerkannt. Was tun?

Selten möchte man sich bereits vor der Einstellung mit dem Arbeitgeber streiten. Doch auch hier kommt Neueingestellten die Ausschlussfrist gemäß § 37 (TV-L und TVöD) entgegen. Demnach kann auch bis zu sechs Monate nach erfolgter Einstellung die Zahlung aus einer höheren Stufe aufgrund einschlägiger Berufserfahrung geltend gemacht werden. Sollte es diesbezüglich Fragen oder Probleme geben, können sich GEW-Mitglieder rechtlich beraten lassen: www.gew-sachsen.de/rechtsschutz/beratung.

Burkhard Naumann
Referent für Tarif- und Beamtenpolitik der GEW Sachsen
E-Mail: burkhard.naumann(at)gew-sachsen(dot)de