Zum Inhalt springen

TVöD

Tarifrunde: Aufwertung im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst

Nachdem die Tarifverhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zur Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes im März 2020 ausgesetzt wurden, werden diese nun fortgeführt.

Mit dem Motto „Wir sind die Profis“ startet die GEW in die SuE-Tarifrunde
Mit dem Motto „Wir sind die Profis“ startet die GEW in die SuE-Tarifrunde

Die Verhandlungen für den kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) starteten bereits am 5. März 2020. Doch wurden diese dann aus naheliegenden Gründen unterbrochen. 2020 stand außerdem die allgemeine Entgelttarifrunde für alle Beschäftigten der Kommunen im TVöD, also auch für die SuE-Beschäftigten, an, die in einer äußerst schwierigen Lage im Oktober 2020 ihren Abschluss fand. Zur Erinnerung: In diesem Jahr erhalten alle TVöD-Beschäftigten 1,8 % mehr Gehalt ab April, ab diesem Monat eine Absenkung auf 39,5 Wochenstunden sowie eine höhere Jahressonderzahlung („Weihnachtsgeld“) im November.

Darum geht es

In der nun wieder aufgenommenen Tarifrunde für die SuE-Beschäftigten geht es darum, den anwachsenden Anforderungen an die frühkindliche Bildung und an die Soziale Arbeit auch bessere Arbeitsbedingungen folgen zu lassen. Dabei geht es einerseits um gerechtere Bezahlung, aber zugleich auch um einen besseren Gesundheitsschutz.

Wir knüpfen direkt an unsere gemeinsamen Aktivitäten der letzten Jahre an: Die GEW hat bereits 2009 erfolgreich den Protest für bessere Arbeitsbedingungen im Sozial- und Erziehungsdienst auf die Straße gebracht. Mit wochenlangen Streiks wurde sowohl eine tarifliche Regelung zum Gesundheitsschutz vereinbart (insbesondere § 53 TVöD) als auch mit der sogenannten S-Tabelle eine eigene Entgeltordnung für die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst durchgesetzt.

Der nächste Schritt der Aufwertung sollte 2015 erfolgen. Auch nach intensiven Verhandlungen und zahlreichen Warnstreiks mauerten die Arbeitgeber und lehnten alle Forderungen ab. Daraufhin stimmte in einer Urabstimmung die große Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder im Sozial- und Erziehungsdienst für einen unbefristeten Streik. Viele werden sich an diese harte Zeit erinnern: Bundesweit blieben viele Einrichtungen wochenlang geschlossen. Dennoch gab es aus den Reihen der Eltern, der Politik und der Öffentlichkeit viel Unterstützung für die Streikenden an Kitas und in der Sozialen Arbeit. Und der Kampf war erfolgreich: Viele Tätigkeiten wurden einer höheren Entgeltgruppe zugeordnet, insbesondere Erzieher*innen (von S 6 in S 8a), Kita-Leitungen, Heilpädagog* innen, Sozialpädagog*innen etc.

Das fordern wir

Bis heute sind noch nicht alle Ungerechtigkeiten ausgeräumt. Beispielsweise sind die Stufenlaufzeiten im SuE-Bereich deutlich schlechter als in den anderen Bereichen: Die Stufenlaufzeiten der S-Tabelle betragen ein Jahr in Stufe 1, drei Jahre in Stufe 2, vier Jahre jeweils in Stufe 3 und Stufe 4 sowie 5 Jahre in Stufe 6 (1-3-4-4-5). Damit kommt man erst nach frühestens 17 Jahren in die Stufe 6. Neben dem Nachteil, dass man gerade in den ersten Jahren nicht so schnell aufsteigt, hat dies auch negative Folgen für das Lebenseinkommen und die Rente.

In allen anderen Bereichen erreicht man bereits nach 15 Jahren die letzte Stufe (Stufenlaufzeiten: 1-2-3-4-5). Daher ist eine der zentralen Forderung die Angleichung der Stufenlaufzeiten an die allgemeinen Regelungen. In manchen Tätigkeiten fehlen die Stufen 5 und 6, z. B. bei Beschäftigten in der Tätigkeit von Erzieher*innen der Entgeltgruppe S 4 und Beschäftigten in der Tätigkeit von Sozialarbeiter*innen der Entgeltgruppe S 8b. Daher ist eine weitere Forderung, dass es für alle Entgeltgruppen die Stufen 5 und 6 gibt.

Weitere Forderungen sind:

  • Abschaffung der S 3 und grundsätzlich Eingruppierung der Tätigkeit von Kinderpfleger*innen / Sozialassistent*innen in die S 4
  • reguläre Eingruppierung der Erzieher*innen in die S 8b
  • bessere Eingruppierung in der Sozialen Arbeit
  • Einführung höherer Entgeltgruppen oberhalb der S 17 für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und in der Leitungstätigkeit
  • Verbesserung der Eingruppierung von Kita-Leitungen
  • Ausdehnung der Vorbereitungszeit für mittelbare pädagogische Arbeit
  • Rechtsanspruch auf Qualifizierung für alle Beschäftigten (z. B. Sozialassistent*innen zu Erzieher*innen)
  • stellvertretende Leitungen verbindlich vorsehen und mindestens in S 11a eingruppieren
  • Aufnahme neuer Tätigkeiten und Anpassungen durch das Bundesteilhabegesetz
  • Anerkennung der Berufstätigkeit bei anderen Trägern
  • Qualifizierung und angemessene Vergütung für Praxisanleitung sowie die Ausstattung mit Zeitkontingenten

Bereits im Mai 2019 hat sich die GEW auf einer tarifpolitischen Konferenz auf die Verhandlungen 2020 vorbereitet und diese Forderungen diskutiert, die gemeinsame Forderungen von GEW und ver.di sind. Darüber hinaus thematisiert die GEW noch eine ganze Reihe von weiteren Forderungen. Dazu zählen u. a. eine Entlastung im Alter, z. B. durch reduzierte Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich („alternsgerechte Arbeitszeiten“) sowie weitere Verbesserungen beim Gesundheitsschutz. Die 2009 erkämpften Tarifregelungen haben zwar dazu geführt, dass in vielen Einrichtungen Gesundheitszirkel und Belastungsstudien durchgeführt werden, hinsichtlich konkreter Maßnahmen gibt es aber noch viel Nachholbedarf.

Die kommunalen Arbeitgeber sollten bei diesen Punkten Verhandlungsbereitschaft zeigen und unseren Forderungen entgegenkommen. Wir haben bereits gezeigt, dass wir im Sozial- und Erziehungsdienst bereit sind, intensiv für unsere Forderungen einzustehen – notfalls auch wieder mit Streiks!

Unsere Forderungen sowie aktuelle Nachrichten finden sich unter dem Kampagnenmotto „Wir sind die Profis“ auf der zentralen GEW-Website zur Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst: www.gew.de/wir-sind-die-profis

Burkhard Naumann
Referent für Tarif- und Beamtenpolitik der GEW Sachsen

Um wen geht es?
Rund 752.000 Menschen arbeiten bundesweit im Sozial- und Erziehungsdienst in Kitas. Dazu zählen 246.000 Beschäftigte in Kitas öffentlicher Träger, für die direkt der TVöD gilt. Hinzu kommen nochmal rund 338.000 Sozialarbeiterinnen und -arbeiter sowie Sozialpädagoginnen und -pädagogen, die in Jugendhilfe, Sozialarbeit und Beratung tätig sind. Auch zahlreiche Heilpädagoginnen und -pädagogen sowie die Beschäftigten in der Behindertenhilfe, in Wohnheimen und in der Betreuung und Begleitung gehören dazu. Für freie und kirchliche Träger gilt der TVöD nicht automatisch, aber da sie aus öffentlichen Geldern finanziert werden, orientieren sie sich ebenfalls am TVöD. Viele freie und kirchliche Träger wenden den TVöD direkt an oder nehmen ihn durch Haustarifverträge und Arbeitsverträge in Bezug. Bei freien Trägern ohne Tarifbindung ist das Gehaltsniveau jedoch häufig sehr viel niedriger.