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Sonderbericht Rechnungshof

Pädagogik statt Effizienz

Es ist unzweifelhaft Aufgabe des Sächsischen Rechnungshofes, die gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Freistaates zu prüfen. Verwunderlich ist deshalb nicht, dass er sich zur Wirkung der Verbeamtung und der zahlreichen anderen Maßnahmen äußert, die 2016 und 2018 zur Bekämpfung des Personalmangels an Schulen auf den Weg gebracht worden sind. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass der Rechnungshof mit seinem Sonderbericht zur Lehrerverbeamtung in Sachsen mehr Politik macht als ihm eigentlich zusteht. Den Bericht deshalb einfach verärgert zur Seite zu legen, würde dem darin enthaltenen Sprengstoff allerdings nicht gerecht.

Diejenigen, die der Überzeugung sind, man könne die Personalprobleme an den Schulen dadurch lösen, dass man die vorhandenen Lehrer*innen schlichtweg mehr arbeiten lasse, werden aus ihm nicht nur in den kommenden Wochen zitieren. Die Gefahr, dass aus Anregungen und Worten Taten werden, wird wachsen je näher die nächsten Landtagswahlen rücken – wenn die bestehende Resignation an den Schulen wächst und wenn wir uns nicht gemeinsam, kraftvoll, optimistisch und mit klugen Argumenten zur Wehr setzen.  

„Um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen, muss der Freistaat bis zum Absinken der Schülerzahlen ab dem Schuljahr 2028/2029 eine Durststrecke überwinden, auf der er lernen muss, mit weniger Personal als gewohnt auszukommen.“ heißt es auf Seite 8 des Berichtes, das Wort Effizienz kommt zwölf Mal im Text vor und mit den Worten „Zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung darf es keine Tabus geben.“ wird auf Seite 39 ein Fazit mit Bedrohungspotential formuliert. 

Wenn 

  • (nicht nur) für Grundschullehrer*innen ein höheres Regelstundenmaß nahegelegt wird, 
  • wenn bei Fachberater*innen, Fachlehrer*innen, Beratungslehrer*innen oder Oberstufenberater*innen die Frage gestellt wird, ob die Aufgaben nicht durch die höhere Vergütung / Besoldung abgegolten seien,
  • wenn angeregt wird, dass die Unterstützung durch Schulassistenten mittelbar zu einer Reduzierung von Anrechnungsstunden führen sollte,
  • wenn Anrechnungs-, Ermäßigungs-, Freistellungs- und Minderungsstunden in 3.000 Vollzeitstellen für die Unterrichtsversorgung umgerechnet werden,

wird unumwunden eine erhebliche Arbeitsverdichtung für alle Kolleginnen und Kollegen an den Schulen empfohlen. 
Ich bin froh, dass die GEW Sachsen ein Gutachten der Uni Göttingen zur Arbeitszeit von sächsischen Lehrkräften unterstützt. 

Die Ergebnisse werden Anfang Oktober nach Redaktionsschluss dieser E&W vorliegen. Sie werden zur Versachlichung beitragen und wir werden sie nutzen können, um mit politisch Verantwortlichen und Landtagsabgeordneten in eine ernsthafte Debatte zu kommen. Dabei wird es auch möglich sein, über die Anforderungen für gute Bildung in Gegenwart und Zukunft und über die tatsächlichen Arbeitsbelastungen zu diskutieren. 

Aufgabe des Landesrechnungshofes ist es natürlich nicht, pädagogische Erwägungen anzustellen. Es ist unsere Aufgabe, diese auch in die jetzt laufenden Haushaltsauseinandersetzungen einzubringen und diejenigen zu stärken, deren politisches Ziel gute Bildung für Kinder und Jugendliche ist.

Das Kultusministerium hat den Bericht des Landesrechnungshofes in seiner Pressemeldung wie folgt kommentiert:

„Mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen im Sächsischen Landtag sprach sich der Kultusminister dafür aus, langfristig an der Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern festzuhalten. ,Wir müssen zwingend den jetzigen Lehramtsstudentinnen und -studenten das Signal der Sicherheit geben, dass es die Möglichkeit der Verbeamtung auch morgen noch geben wird.‘ Zugleich gibt der Rechnungshof in seinem Bericht auch Anregungen für eine effizientere Nutzung des vorhandenen Lehrerarbeitsvermögens in den nächsten Jahren. ,Diese Hinweise kann man nicht unbeachtet lassen‘, so der Kultusminister.“

Mindestens der letzte Satz sollte uns wachsam sein lassen.

Uschi Kruse
Landesvorsitzende