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Für eine zukunftsfähige Lehrer*innenbildung in Sachsen

Mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für eine gute Schule in Sachsen zu verbessern und unter Berücksichtigung des Beschlusses des Gewerkschaftstages der GEW (Bund) 2017 für eine zukunftsfähige Lehrer*innenbildung beschließt der Gewerkschaftstag der GEW Sachsen:
Die GEW Sachsen fordert:

  1. ein Lehrer*innenbildungsgesetz für Sachsen zu erarbeiten und zu verabschieden.
  2. den lehrer*innenbildenden Einrichtungen dauerhaft gemäß ihren Pflichtaufgaben eine ausreichende Grundfinanzierung bereitzustellen.
  3. den Ausbau der Staatlichen Kommission für Lehrerbildung in Sachsen (mit Vertreter*innen des SMK, des SMWK, der Zentren für Lehrer*innenbildung der Universitäten, der Professor*innen, der Studierenden, der Lehrerausbildungsstätten des Landesamtes für Schule und Bildung, der Fortbildung) zu einem Informations- und Diskussionsforum unter Einbeziehung von Gewerkschaften und Verbänden.

Die grundlegenden Forderungen der GEW Sachsen für eine zukunftsfähige Lehrer*innenbildung in Sachsen beinhalten:

1. Ziel und Inhalt

a. die Umsetzung der KMK-Standards für die Lehrer*innenbildung

b. Befähigung aller Lehrer*innen zur Gestaltung eines inklusiven Unterrichts (d. h. Förderung und Forderung aller Schüler*innen entsprechend ihrer Bedürfnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und ggf. Besonderheiten). Dennoch ist die Notwendigkeit von Sonderpädagog*innen im inklusiven Setting zwingend gegeben.

c. Verstetigung und Ausbau der drei  Lehrer*innenbildungsstandorte in Sachsen (Chemnitz, Dresden, Leipzig)

d. die Definition von Daueraufgaben in der  Lehrer*innenbildung und Untersetzung dieser mit entsprechenden Dauerstellen an den Hochschulen und in den Schulen.

e. Die individuelle Betreuung der Studierenden während der Praktika im Studium ist personell besser auszustatten.

f. eine stärkere Verzahnung und Abstimmung der drei Phasen: Studium, Vorbereitungsdienst und Fortbildung

Für Studierende muss Studium und Referendariat als Einheit erkennbar sein. Das bedeutet auch, der nahtlose Übergang vom Studium zum Vorbereitungsdienst ist gesichert.

2. Formen des Lehramtsstudiums in Sachsen

a. Lehramt für die erweiterte Primarstufe (Kl. 1-6) mit vertieften Inhalten in inklusiver Pädagogik

b. Lehramt für die Sekundarstufe (Kl. 5 – 12/13) mit vertieften Inhalten in inklusiver Pädagogik

c. Lehramt für die berufsbildende Pädagogik mit vertieften Inhalten in inklusiver Pädagogik

d. Lehramt für inklusive Pädagogik mit Didaktik für die Primarstufe oder Sekundarstufe in einem studierten Fach

e. Entwicklung neuer Modelle für den Quereinstieg z. B. bildungs- und fachdidaktische Masterstudienprogramme, die auf studierte Fachwissenschaften aufbauen sowie Modelle für die Gewinnung von Meister*innen und Techniker*innen (nach Aufstiegsqualifikation) für das Lehramt an beruflichen Schulen

3. Zugang zum Studium

Neben dem Abitur sollten weitere Zugangsvoraussetzungen zur Feststellung der Eignung für den Lehrberuf geprüft werden, wie zum Beispiel eine verpflichtende Studienberatung und/oder den Nachweis einer auf den Lehrer*innenberuf bezogenen Tätigkeit vor Aufnahme des Studiums (z. B. sozialpädagogisches Praktikum, FSJ)

Langfristig fordert die GEW Sachsen einen freien Zugang zu allen Phasen der Lehrer*innenbildung. Wir lehnen die Auswahl von Studienbewerber*innen durch die Hochschulen ab und stehen zum grundgesetzlich garantierten Recht auf freien Hochschulzugang. In allen Phasen der Lehrer*innenbildung sind individuelle Unterstützungssysteme aufzubauen, die den erfolgreichen Einstieg, Abschluss und die Ausübung des Berufes ermöglichen.

4. Struktur der Studiengänge

a. Dauer:

einheitlich 10 Semester mit 300 ECTS für alle Lehramtsstudiengänge

b. Inhalte:

In allen Lehramtsstudiengängen sind die bildungswissenschaftlichen und praktischen Anteile grundsätzlich unter Berücksichtigung des Leitbildes der Inklusion auszugestalten. Die Themen Inklusion und Diversity sollen wie Angebote für Sprecherziehung, wissenschaftliches Arbeiten, Medienkompetenz, politische und demokratische Bildung nicht nur in den Bildungswissenschaften verankert, sondern auch als Querschnittsthemen in den Fachwissenschaften und Fachdidaktiken berücksichtigt werden.

c. Struktur:

  • Erprobung und Einführung eines stufen- anstatt eines schulartenspezifischen Studiums
  • Stärkung der fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Anteile gegenüber der Fachwissenschaft
  • Erhöhung der Praxisanteile im Studium (mit entsprechender Ausstattung mit Stellen für die Begleitung der Praxisphasen in den Schulen und Hochschulen)
  • Integration eines beruflichen Praktikums im Lehramt berufsbildende Pädagogik in die Studien- und Prüfungsordnung

d. Prüfungen:

Entschlackung der Prüfungen am Ende eines modularisierten Studiums mit Modulprüfungen hin zu einer Staatsexamensprüfung bestehend aus einer wissenschaftlichen Arbeit

(die aktuelle Praxis widerspricht den Standards der KMK), stärkere Ausrichtung der Prüfungen auf das Berufsziel Lehrer*in (z. B. auswendig gelerntes Wissen ist kein Indikator für die Lehrbefähigung)

e. Experimentierklausel:

Erprobung von Modellen der Einführung von Praxissemestern bzw. von Modellen mit integriertem Vorbereitungsdienst (einphasige Lehrer*innenbildung)

5. Referendariat:

a. Information der Schulen über Rechte und Pflichten der Lehramtsanwärter*innen: diese sind nicht befugt, selbständige Klassenleiteraufgaben zu übernehmen

b. Neuorganisation der Praxisaufgaben im Lehrerseminar: Steigerung der Attraktivität durch Gruppenarbeit und die Vergabe von Zusatzpunkten für die Prüfungen

c. Überprüfung der Art und Weise der Leistungsfeststellung im Fach Schulrecht: alle Lehramtsanwärter*innen müssen dieselben Prüfungsinhalte haben zur besseren Vergleichbarkeit der Prüfungsergebnisse; Überprüfung, inwieweit Inhalte des Schulrechts bereits im Studium notwendig sind

d. Reformierung des Referendariats hin zu einer begleiteten (durch Mentor*innen und Seminare) eigenständigen Berufseinstiegsphase mit einer regulären Vergütung und einem Stundenumfang von max. 12 Unterrichtsstunden pro Woche

6. Organisationsstrukturen

Lehrer*innenbildungszentren

Die bestehenden drei Lehrer*innenbildungszentren sind finanziell und personell zu verstetigen, weiterhin sind Formen der Mitbestimmung in den Zentren und deren stimmberechtigte Vertretung in den Gremien der Hochschulen gesetzlich zu regeln.

Der Vorstand sowie die Direktor*innen der Zentren sind von Vertreter*innen der Statusgruppen per Wahl ähnlich einem Fakultätsrat zu bestimmen.

7. Finanzierung

a. die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für die Durchführung der Schulpraktischen Studien und die hochschulseitige Betreuung der Studierenden (Festlegung eines Betreuungsschlüssels Dozent*innen/ Praktikant*innen, realistische Anrechnung auf das Lehrdeputat, Bereitstellung von Unterkünften und Reisekostenzuschüssen für Praktika im ländlichen Raum);

b. eine Erhöhung der Zielzahlen für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums, wenn diese durch entsprechende zusätzliche Stellen und weitere Ressourcen untersetzt werden.

Beschluss GT/2019/09 - 3. Bildungspolitik