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Volksantrag Gemeinschaftsschule

Das sächsische Schulsystem muss sich nun öffnen

Die 133 Aktenordner ergeben ein beeindruckendes Bild. Davon konnte sich Landtagspräsident Dr. Rößler bei der Übergabe des Volksantrages „Länger gemeinsam Lernen in Sachsen“ am 16. August selbst überzeugen. 55.663 Unterschriften wurden in 9 Monaten gesammelt, von denen 50.120 durch die jeweiligen Kommunen bestätigt wurden. Allein das 300-seitige Verzeichnis über alle 12.298 Unterschriftenbögen füllt einen kompletten Ordner.

Nach mehr als 15 Jahren ist damit in Sachsen wieder eine Unterschriftensammlung für einen Volksantrag erfolgreich abgeschlossen worden. Dass das demokratische Instrument der Volksgesetzgebung in Sachsen so selten genutzt wird, liegt nicht daran, dass die Bevölkerung mit der sächsischen Politik zufrieden ist, wie manche Partei verlauten lässt. Vielmehr sind die Hürden dafür viel zu hoch. Es beginnt damit, dass die Initiator*innen einen fertigen und juristisch geprüften Gesetzentwurf vorlegen müssen, anstatt lediglich einen politischen Willen zu artikulieren. Während bei der Unterschriftensammlung in anderen Bundesländern auf staatliche Stellen wie Rathäuser zugegriffen werden kann, muss im Freistaat eine eigene Infrastruktur in Form von Unterschriftenbüros aufgebaut werden. Alle Listen müssen persönlich zu den jeweiligen Kommunen gebracht und wieder abgeholt werden, damit diese die Gültigkeit der Unterschriften überprüfen können. Häufig haben diese jedoch fälschlicherweise Unterschriften für ungültig erklärt – teils aus Unkenntnis oder weil das gesetzliche vorgeschriebene Formblatt dafür ungeeignet ist. Ein erfolgreicher Volksantrag ist so nur mit einem ehrenamtlich fast nicht zu bewältigenden Aufwand möglich.

Allein dieser riesige Kraftakt des Bündnisses Gemeinschaftsschulen in Sachsen verdient seine Würdigung – schließlich ist dies eine große Leistung für die Demokratie. Die frisch in den Landtag gewählten demokratischen Parteien sind gut damit beraten, intensiv über die Bedeutung des Volksantrages nachzudenken und dies bei ihrer Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs einzubeziehen.

Klar ist: Das sächsische Schulsystem muss sich angesichts wachsender gesellschaftlicher Herausforderungen öffnen. Die Einführung der Gemeinschaftsschule als Option, eingebracht durch die Bevölkerung und ein breites Bündnis, ist dafür ein seichter Weg, um den Schulen und Kommunen mehr Möglichkeiten für diese Öffnung einzuräumen. Wir werden uns als GEW Sachsen weiter für diese Option stark machen und den Gesetzgebungsprozess entsprechend begleiten. Natürlich ist dies bei weitem nicht die einzige bildungspolitische Baustelle, um hausgemachte Ungerechtigkeiten des Schulsystems auszuräumen. Doch diese Chance ist jetzt zum Greifen nahe und darf nicht vertan werden!