Zum Inhalt springen

Gleichstellung

11. Oktober 2021

Coming Out Day (inneres Coming Out - zur eigenen Erkenntnis kommen / äußeres Coming Out - dies im Umfeld publik zu machen)

Seit mehr als 30 Jahren wird am 11. Oktober der Coming-Out-Day begangen. Doch ist dies ein Ereignis, welches man feiern sollte? Ist es auch im Jahr 2021 noch "normal", dass Jugendliche der LSBTIQ*-Community bei ihrer „Offenbarung“ vor der Familie, Freunden und Bekannten sehr oft allein dastehen, gemobbt werden und/oder Gewalt erfahren? Hierzu ein paar Fakten:

Laut der Studie des Berliner Senats „Sie liebt sie. Er liebt ihn“ haben sechs von zehn Befragten schon einmal daran gedacht, ihrem Leben ein Ende zu setzen, Mädchen etwas häufiger als Jungen. 18% haben bereits einen oder mehrere Suizidversuche hinter sich. Die Erfahrung zeigt, dass das Risiko eines späteren Suizides mit der Anzahl vorausgegangener Suizidversuche steigt. Insbesondere männliche Jugendliche leiden unter der Angst oder der Erkenntnis schwul zu sein. Viele homosexuelle Jugendliche erzählten nach einem Suizidversuch, sie hätten Ihre Eltern von der "Schande erlösen wollen, ein homosexuelles Kind" zu haben.


Häufig erleben Schüler*innen, dass Lesben und Schwule zu Zielscheiben von Witzen und Verachtung werden, ohne dass Lehrkräfte darauf angemessen reagieren. So verteidigen nur etwa 18% der Lehrkräfte Lesben/Schwule im Unterricht, über 27% jedoch lachen mit oder stimmen homophoben Äußerungen zu. Etwa 4% der lesbischen und schwulen Teenager werden von zuhause rausgeworfen, wenn sie sich outen und sind mit dieser Problematik somit signifikant häufig konfrontiert. Schnelle und professionelle Hilfe ist dann gefragt, jedoch gibt es in der Bundesrepublik hierzu zur Zeit nur wenige Angebote. Die Gewissheit schwul zu sein, ist heute mit dem gleichen Ausmaß an Unsicherheit und Furcht verbunden wie vor 30 Jahren. Mehr als zwei Drittel aller Jugendlichen mussten bzw. müssen aufgrund ihrer Homosexualität mit größeren Belastungen fertig werden als andere gleichaltrige Jugendliche. Nur etwa 1% aller lesbischen und schwulen Jugendlichen gibt an, noch nicht diskriminiert worden zu sein.

Das gilt nicht nur für schwule und lesbische Menschen. Trans- und Intergeschlechtlichkeit sind offensichtlich in der Gesellschaft noch nicht als „normal“ angekommen. In letzter Zeit verstärken sich „Vorbehalte“ gegenüber Menschen, die mit ihrer Bisexualität offen umgehen.

Der Coming-Out-Day am 11.10. soll auf diese Missstände ausdrücklich hinweisen und versucht ein geschärftes Bewusstsein zu schaffen. Gerade in Schulen sollten für junge Menschen Schutzräume existieren, die solchen Tendenzen entgegenwirken und die "Betroffenen" unterstützen.


Rocco Lehmann
AG LSBTI*