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Schule

Keine Lehrerschelte beim Online-Unterricht!

In einem Brief an Kultusminister Christian Piwarz verurteilt Uschi Kruse seine öffentlichen Äußerungen zum „Erwartungshorizont für die Gestaltung der häuslichen Lernzeit".

Foto: stocksnap.io / Creative Commons CC0

Sehr geehrter Herr Staatsminister Piwarz,

am 12. Februar 2021 wandten sich zwei Abteilungsleiter Ihres Ministeriums via Schulportal mit einem Schreiben an alle Schulleiterinnen und Schulleiter. Mit einem anhängenden „Erwartungshorizont für die Gestaltung der häuslichen Lernzeit“ wurden diese aufgefordert, ihre Kollegien bei der Erfüllung der mit der häuslichen Lernzeit verbundenen Aufgaben zu unterstützen sowie Standards und Qualitätskriterien zu verdeutlichen.

Abgesehen davon, dass vielen Kolleginnen und Kollegen damit ca. 1 Jahr nach den ersten Schulschließungen Selbstverständlichkeiten mitgeteilt wurden, fand dieser dienststelleninterne Erwartungshorizont in den Folgetagen seinen Weg in die breite Öffentlichkeit. Ohne den Hinweis darauf, dass „die allermeisten Lehrerinnen und Lehrer [bei der häuslichen Lernzeit] ein außerordentliches Engagement und hohe Kreativität [zeigen]“ wurde er am 15. Februar im SMK-Blog veröffentlicht.

Am 20. Februar wurden Sie, Herr Staatsminister, im MDR mit den Worten zitiert, man habe „auf Fälle reagieren [müssen], in denen Lehrerinnen und Lehrer den Distanzunterricht verweigern“. Ähnliche Äußerungen fanden sich Anfang dieser Woche landesweit auch in verschiedenen Printmedien.

Natürlich nehmen wir die aktuelle Kritik von Eltern und auch von Schülerinnen und Schülern wahr. Sie ist bei Weitem nicht so groß wie medial empfunden und in ihrer Pauschalität unberechtigt. Zudem verkennt sie nicht nur objektive Grenzen, sondern auch die Professionalität von Lehrerinnen und Lehrern.  

Auch wir halten es nicht für unwahrscheinlich, dass unter den mehr als 30.000 sächsischen Lehrkräften Beschäftigte sind, die nicht allen Verpflichtungen gleichermaßen gut nachkommen. (Ähnliches dürfte ebenfalls für Busfahrer, Verwaltungsjuristen, Verkäuferinnen, Pflegekräfte und alle anderen Berufsgruppen gelten.) 

Wenn es tatsächlich Anliegen des Schulleiterschreibens gewesen sein sollte, Einfluss auf einige Beschäftigte zu nehmen, sind der Blog des SMK und Veröffentlichungen in der Presse aus Sicht der GEW Sachsen jedenfalls die falschen Wege. 

Obwohl Altersdurchschnitt und Krankenstand anderes erwarten ließen, war die Zahl der Lehrkräfte, die sich zu Beginn des Schuljahres vom Präsenzunterricht freistellen ließen, verschwindend gering. Trotz steigender Infektionszahlen und persönlicher Verunsicherungen sind die Beschäftigten an den Schulen nicht auf die Idee gekommen, sich auf das zwingend Notwendige zurückzuziehen und Notdienste waren trotz hoher Inzidenzwerte nie umstritten. Auch Lehrer*innen sind Eltern oder haben pflegebedürftige Angehörige, sie sind in dieser schwierigen Zeit dennoch verlässlich für die ihnen anvertrauten Schüler*innen da. Ohne ausreichende Aus- und Fortbildung haben sich meine Kolleginnen und Kollegen engagiert in neue Lernformate eingearbeitet, obwohl manche technische Hürde im Wege stand. Trotz der außerordentlich hohen Belastungen, die nicht nur Schulleitungen und Lehrkräfte, sondern auch deren Familien erleben, gibt es kein kollektives Klagen, sondern Einsicht in die aktuelle Notwendigkeit. All das hätte aus unserer Sicht Anerkennung und Ermutigung verdient und es ist höchst ärgerlich, dass sich das SMK nun öffentlich an der stets wohlfeilen Lehrerschelte beteiligt hat.

Wir alle kennen die personelle Situation an den Schulen. Die hohe Motivation der sächsischen Lehrerinnen und Lehrer wird auch weiterhin entscheidend für die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen und für die Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen sein. 

Sehr geehrter Herr Piwarz,

ich möchte Sie zudem darauf aufmerksam machen, dass wir eine Aussage im o.g. Erwartungshorizont für dringend korrekturbedürftig halten. 

Dass Lehrkräfte Präsenz-Sprechzeiten anbieten sollen, wird von der geltenden Corona-Schutz-Verordnung nicht unterstützt, unserer Ansicht nach widerspricht diese Regelung der Verordnung sogar. In § 5a Absatz 1 wird festgelegt, dass Schulen mit Ausnahme der Präsenzbeschulung ausgewählter Klassen geschlossen sind. Das Betreten ist nur “aus wichtigem Grund“ zulässig. Die Durchführung von Präsenz-Sprechzeiten aller mit der häuslichen Lernzeit befassten Lehrerinnen und Lehrer überschreitet diesen Rahmen deutlich und ist angesichts der noch immer hohen (und derzeit steigenden) Infektionszahlen dringend zu unterlassen.

Ich möchte Sie darüber informieren, dass wir dieses Schreiben an unsere Mitglieder weiterleiten und seinen Inhalt auf unserer Internetseite veröffentlichen.

Für Rückfragen stehe ich z.B. im Rahmen unseres Gespräches in der kommenden Woche zur Verfügung. 

Mit freundlichen Grüßen

 

Uschi Kruse
Landesvorsitzende 

Kontakt
GEW Sachsen
Adresse Nonnenstraße 58
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