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Inklusion im Bildungsbereich in Sachsen

Einleitung

Aus den Bildungsdebatten der letzten Jahre ist ein Begriff nicht mehr wegzudenken: Inklusion. Alle reden darüber, alle streiten darüber und jede*r hat eine andere Vorstellung davon, was Inklusion eigentlich ist und was ihre Umsetzung bedeutet. Viele fordern sie mit aller Inbrunst ein, doch mindestens genauso viele sehen mit Unsicherheit und Angst auf die Umstellungen und neuen Anforderungen.

Einer inklusiven Gesellschaft gehören ganz selbstverständlich alle Menschen an, keiner wird aufgrund zuschreibbarer Merkmale, wie religiöser Überzeugungen, Geschlecht, Alter, Soziallage, Hautfarbe, sexueller Orientierung sowie körperlicher oder geistiger Behinderung an den Rand gedrängt oder diskriminiert. Verschiedenheit wird als gewünschte Normalität betrachtet. Das Ziel einer inklusiven Gesellschaft heißt: Weg vom bevormundenden Fürsorgeprinzip, hin zur echten Teilhabe eines jeden Menschen am gesellschaftlichen Leben.

Bereits auf der Weltkonferenz „Pädagogik für besondere Bedürfnisse“ 1994 in Salamanca wurde festgestellt, dass es notwendig ist, auf eine „Bildung für alle“ hinzuarbeiten. Eine „Schule für alle“ gibt allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen auf Bildung, grenzt niemanden aus. Sie wird eine inklusive Bildungseinrichtung. Der Weg dorthin muss konkrete Schritte der Überwindung der Mehrgliedrigkeit des deutschen Schulsystems beinhalten.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft war die Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) im Jahre 2006. Mit der Ratifizierung 2008 verpflichtete sich auch Deutschland, das eigene Bildungssystem so umzugestalten, dass kein Mensch mit Behinderungserfahrung mehr vom allgemeinen Schulwesen ausgeschlossen wird, sowie ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen zu gewährleisten. Seitdem bemühen sich die Bundesländer in sehr unterschiedlichem Maße, ihre Barrieren im Bildungssystem abzubauen und allen Menschen eine Teilhabe an diesem zu ermöglichen.

Sachsen gehört nun aber zu den Bundesländern, in denen Inklusion von Seiten der Regierung bisher mit nur wenig Herzblut vorangetrieben wird, fortschrittliche Projekte werden ausgebremst und an dem selektiven System der Fördereinrichtungen und Förderschulen wird mit aller Kraft festgehalten. Deshalb ist es dringend geboten, nun endlich auch hier umgehend alle notwendigen Bedingungen und Unterstützungssysteme zu schaffen, die für eine erfolgreiche Inklusion unabdingbar sind.

In der allgemeinen Diskussion zeigt sich aber in den letzten Jahren eine Verkürzung des Inklusionsbegriffs auf die integrative Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf. Nicht nur Menschen mit Behinderung sollen mehr und besseren Zugang zu Bildung bekommen, vielmehr soll allen Menschen, die aufgrund irgendwelcher Merkmale oder Zuschreibungen nur beschränkt oder gar keinen Zugang zu (guter) Bildung haben, mehr Teilhabe am Bildungssystem ermöglicht werden.

Dieses Grundverständnis von Inklusion teilend bezieht die GEW Sachsen folgende Positionen:

  1. Inklusion als Menschenrechtsverwirklichung

Die Ziel- und Leitformulierung der UN-BRK ergibt, dass alle Menschen weltweit Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung, Arbeit und zu hochwertigen Wohn- und Freizeitgestaltungsmöglichkeiten erhalten sollen. Dieser Anspruch basiert auf den Menschenrechten, das heißt, er ist universal und gilt für alle Menschen, unabhängig von ihrer jeweiligen individuellen Ausprägung oder ihrer scheinbaren Abweichung von einer gesellschaftlich etablierten Norm.

Inklusion bedeutet demzufolge, dass alle Menschen in ihrer jeweiligen Individualität gleichberechtigte Teilhabende unserer Gesellschaft sind. Inklusion beinhaltet auch den Auftrag, gesellschaftliche Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Rechte aller Menschen respektiert werden bzw. alle Menschen ihre Rechte wahrnehmen können. Dabei geht die Anpassungsleistung nicht vom Einzelnen, sondern vom inklusiven Gemeinwesen aus, welches alle Menschen in seine Gestaltung einbezieht.
 

  1. Die Haltung und Einstellung aller Beteiligten zur Inklusionsfrage sind zentrale Gelingensbedingungen (in allen Bildungsbereichen)

Der Ausgangspunkt jeglichen Handelns und Denkens zu Inklusion fängt bei jeder / jedem selbst an. Die Frage ist nicht, was ich sehe, denke, bestimme, was andere für Inklusion tun oder umsetzen sollen. Die erste Frage geht immer an mich selber: Was tue ich konkret in meinem Handlungs- und Verantwortungsraum, um Inklusion umzusetzen?

Zwei wesentliche Wirkungsebenen tun sich für jede*n auf:

Erstens die Ebene der persönlichen Haltungen, Einstellungen und Sichtweisen auf die Welt, die Werte, die Urteile und Vorurteile und die Bereitschaft zur Entwicklung einer persönlichen inklusiven Gesamthaltung. Welchen Beitrag bin ich persönlich bereit zu leisten, Menschen nicht zu beschämen, sondern mit Respekt zu unterstützen? Wie kann ich jeden Menschen in seiner Individualität so annehmen, dass er als ein vollwertiges und gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft gilt? Welche Barrieren kann ich selbst beseitigen, um einen Beitrag zu leisten, damit die Teilhabe aller Menschen an und in unserer Gesellschaft gelingt? Welche bisherigen Werte, Urteile und Denkweisen muss ich gegebenenfalls über Bord werfen?

Auf der zweiten Ebene geht es um die Beziehungen, um den partnerschaftlichen Umgang mit den Menschen in unserem Handlungsumfeld, zu Partner*innen, Freund*innen, Nachbar*innen, Kolleg*innen, Kindern, Kranken, Alten usw. Inklusion ist keine beliebige Idee von Institutionen oder Einzelpersonen, aber sie formuliert auch keine festen Rezepte, wie man bestimmte Personen oder Personengruppen behandelt, wie man mit ihnen kommuniziert oder in welchem Rahmen man sie integriert. Inklusives Handeln ermöglicht menschenwürdiges und gleichberechtigtes Umgehen aller miteinander. Orientierung geben Antworten auf solche Fragen wie: Wem gewähre ich Hilfe, wem biete ich Hilfe an, von wem kann ich sie erwarten? Biete ich Hilfe auch dann an, wenn ich keine direkte Gegenleistung erwarten kann? Erkenne ich Barrieren und kenne ich Wege, sie abzubauen? Entdecke ich Ressourcen, Chancen, Potenziale und zeige sie anderen auf, um sie dann gemeinsam mit ihnen zu nutzen?
 

  1. Die GEW Sachsen fordert die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Umsetzung inklusiver Bildung.

Inklusive Bildungs- und Erziehungsarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil auf dem Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft. Kein Kind darf gegen den Willen seiner Eltern in eine separierende Form der (schulischen) Bildungseinrichtungen eingewiesen werden. Deshalb müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, die für eine erfolgreiche inklusive Arbeit an Bildungseinrichtungen nötig sind, zeitnah gesetzlich geregelt werden:

  • Es muss eine Verankerung der entsprechenden Maßnahmen in den Kita-, Schul- und Hochschulgesetzen erfolgen.
  • Die derzeit gültigen Integrationsverordnungen, deren Inhalte unterschiedlich auslegbar sind, weil sie nur Kann-Bestimmungen enthalten, sind kurzfristig konkret den Erfordernissen inklusiver Bildung anzupassen.
  • Die GEW Sachsen fordert eine Verankerung des Rechtsanspruches auf inklusive Bildung sowie den gesetzlichen Auftrag an die Schulverwaltung zur Umsetzung inklusiver Bildung.
  • Der Aktions- und Maßnahmenplan zur Umsetzung von Art. 24 (VN-BRK) ist durch die Landesregierung Sachsen entsprechend für alle Bildungsbereiche des Freistaates zu aktualisieren.

Bei dem Prozess der Umsetzung der UN-BRK im sächsischen Bildungsbereich müssen kurze Etappen mit konkreten und verpflichtend umsetzbaren Zielen und Maßnahmen festgelegt werden. Ausgliederungen von Kindern und Jugendlichen gegen den Willen der Eltern sind auszuschließen, sofern keine gesundheitlichen Gefährdungen gegenüber Kindern und Jugendlichen und Personal bestehen.

Um den großen Herausforderungen im Bereich Inklusion endlich gerecht zu werden, bedarf es der unbedingten und stetigen Hilfe und Unterstützung der Bildungseinrichtungen durch die Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagenturen, des Staatsministeriums für Kultus, des Sozialministeriums und des Wissenschaftsministeriums, mindestens während der gesamten Übergangsperiode.
 

  1. Die GEW Sachsen fordert die Festlegung auf Inklusion als Leitlinie der Entwicklung von Bildungseinrichtungen.

Um eine wohnortnahe frühkindliche und schulische Bildung und Betreuung aller Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten, ist es dringend erforderlich, eine Entwicklungskonzeption für alle Bildungseinrichtungen zu erstellen, sowie Inklusion als Leitbild der Träger von Bildungseinrichtungen zu verankern. Daran anknüpfend legt jede Einrichtung in ihren Konzeptionen bzw. Zielvereinbarungen dar, wie Inklusion in ihren Einrichtungen umgesetzt oder verbessert werden kann. Fehlende Voraussetzungen sind schrittweise abzubauen. Hierbei ist die Spezifik einer jeden Einrichtung zu beachten.

Dabei kommt den Trägern von Bildungseinrichtungen und deren Aufsichten eine besondere Verantwortung zu, denn sie müssen für Barrierefreiheit in den Einrichtungen sorgen und notwendige Arbeitsplätze und Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellen. Hierfür müssen schnellstmöglich Gespräche zwischen den gesetzlichen Verantwortungsträgern geführt werden, um mit der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen zu beginnen.

Auf ihren Internetseiten sollen alle Einrichtungen ihre Leitlinien zur Inklusion veröffentlichen, so dass sich alle Betroffenen einen umfassenden Überblick verschaffen können und somit die freie Wahl der Einrichtung für sie erleichtert wird. Hilfreich erweisen sich hierfür barrierefreie und in Leichter Sprache gestaltete Internetseiten.
 

  1. Inklusion braucht bessere/notwendige Rahmenbedingungen und die nötigen personellen Ressourcen – dargestellt am Beispiel des Schulbereichs.

Rahmenbedingungen
Um die Richtung zu einem inklusiven Bildungssystem einschlagen zu können, muss Sachsen das frühe Festlegen der Bildungsbiografien von Kindern abschaffen und in einer „Schule für alle“ ein längeres gemeinsames Lernen ermöglichen. Diagnostische Erhebungen, die Defizite und Schwächen, aber auch Begabungen und Stärken benennen, dürfen nicht als Instrument der Ressourcenzuweisung, sondern müssen für die optimale Entwicklung eines Kindes genutzt werden.

Förderdiagnostik ist die Voraussetzung für das Gelingen einer inklusiven Bildungseinrichtung.

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine gelingende Inklusion ist Barrierefreiheit. Diese meint neben der baulichen Zugänglichkeit und Anpassung von Gebäuden auch Barrieren, die von außen wirken, z.B. Sprachbarrieren oder Bewegungsbarrieren. So kann ein Kind, mit dem nicht richtig gesprochen wird oder das keine Zuwendung erfährt, nur eingeschränkt sprechen lernen und hat möglicherweise in der Bildungseinrichtung Nachteile beim Erlernen der Schriftsprache. Oder Kinder, die z.B. an Bewegung an frischer Luft gehindert werden, haben später Einschränkungen in der Grob- und Feinmotorik, es kann zu Wahrnehmungsdefiziten oder zu massiven körperlichen Einschränkungen kommen.

Im Sinne der Barrierefreiheit bietet nur die wohnortnahe Bildungseinrichtung die Möglichkeit, auch im außerschulischen Bereich eine echte Teilhabe aller zu erreichen, weil dadurch das gesamte soziale Umfeld (Freundschaften, gemeinsame Freizeit und gegenseitige Unterstützung bei Hausaufgaben und Projekten) den Lernprozess inklusiv macht.

Um alle Kinder angemessen fördern zu können, ist ein multiprofessionelles Team notwendig, welches neben dem/der Bezugserzieher*in, Klassenleiter*in und Sonderpädagog*in aus Fachpädagogen, Eltern, Sozialpädagog*innen, gegebenenfalls Mediziner*innen, Psycholog*innen, Betreuer*innen oder Fachkräften der Jugendhilfe bestehen kann. Eine besondere Rolle spielt dabei die enge, vertrauensvolle und gleichberechtigte Zusammenarbeit der Bezugserzieher*in, Klassenleiter*in und des/der Sonderpädagog*in. Sie kennen alle Kinder und Jugendlichen in ihren Besonderheiten am besten. Während die Sonderpädagog*innen die Arbeit über den Förder/-Entwicklungsplan koordinieren, liegt die Hauptverantwortung der Umsetzung dieser bei dem/der Bezugserzieher*in, und dem/ der Klassenleiter*in. Für die kooperative Arbeit der Beteiligten müssen ausreichend finanzielle und zeitliche Ressourcen bereitgestellt werden.

Pädagogen müssen über Fort- und Weiterbildungen die Möglichkeit erhalten, sich didaktische Vielfalt anzueignen, um die Bildungsarbeit offener und differenzierter zum Nutzen aller Kinder und Jugendlichen gestalten zu können. Sie müssen weiterhin die Möglichkeit erhalten, sich sonderpädagogisches Wissen anzueignen.

Um einen möglichst komplikationslosen Übergang von abgebenden und aufnehmenden Bildungseinrichtungen zu gewährleisten, sind Kooperationsbeziehungen zwischen den Einrichtungen im angemessenen zeitlichen Rahmen zu regeln. Das darf nicht nur den Übergang vom Kindergarten zur Grundschule betreffen, sondern auch die Übergänge von der Grundschule zu weiterführenden Bildungseinrichtungen oder bei einem Wechsel zwischen diesen.

 

Personelle Ressourcen
Aus den Rahmenbedingungen ergeben sich die Arbeitsbedingungen für das Personal sowie die Notwendigkeit einer quantitativen und qualitativen Erweiterung der personellen Ressourcen zur Umsetzung inklusiver Bildung.

  • Die von der GEW geforderte Senkung der Fachkraft-Kindrelation muss weiter verbessert, sowie die geforderte gruppenfreie Vor- und Nachbereitungszeit gesetzlich geregelt werden.
  • Die Senkung der Klassenstärken ist Voraussetzung, um allen Kindern und Jugendlichen gleichermaßen gerecht werden zu können.
  • Mit Kindern und Jugendlichen müssen verlässliche, vertrauensvolle und belastbare Beziehungen aufgebaut werden können. Deshalb darf es keine befristeten Arbeitsverträge geben.
  • Eine Senkung der Pflichtstundenzahl aller Pädagog*innen ist notwendig, um die Bildungsarbeitsvorbereitung differenzierter und zielgenauer an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen anpassen zu können bzw. die Festlegungen des Förder-/ Entwicklungsplanes berücksichtigen zu können.
  • Klassenleiter*innen müssen möglichst so lange für eine Klasse geplant werden, wie es diese Klasse gibt. Für die Erstellung der Förder-/ Entwicklungspläne müssen sie mindestens eine Abminderungsstunde von der Pflichtstundenzahl erhalten.
  • An jeder Bildungseinrichtung müssen Sonderpädagog*innen tätig sein, die die Klassenleiter*innen bei der Erstellung der Förder-/Entwicklungspläne unterstützen und die Arbeit der multiprofessionellen Teams koordinieren. Auch eine didaktische Beratung der Pädagog*innen oder eine Doppelbesetzung im Unterricht durch sie ist möglich.
  • Regelmäßige Angebote an Fort- und Weiterbildungen auf pädagogischem, sonderpädagogischem und methodisch-didaktischem Gebiet sind zu gewährleisten.
  • Geschultes Assistenzpersonal mit pädagogischen Aufgaben ist insbesondere für Kinder und Jugendliche mit hohem Unterstützungsbedarf bereit zu stellen.
  1. Der Übergang in die Arbeitswelt und die Beschäftigungsbedingungen sind inklusiver zu gestalten.

Für das Gelingen des Übergangs von der beruflichen Bildung bzw. den Hochschulen in die Arbeitswelt sind persönliche Kompetenzen und unterstützende Konzepte zu entwickeln und umzusetzen und so die Voraussetzungen für eine dauerhafte Eingliederung in das Arbeitsleben zu schaffen. Dies bedarf einer engen Zusammenarbeit mit den damit befassten Institutionen.

Die GEW Sachsen fordert die Einhaltung der Quote nach § 71 SGB IX in allen Bereichen des Bildungssystems.

Die Schwerbehindertenvertretungen sind bei allen Entscheidungen einzubeziehen, die einzelne Menschen mit Behinderungserfahrungen oder Gruppen betreffen.

Die Arbeitgeber*innen müssen Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungserfahrungen bestellen.

Die Regelungen des SGB IX für von Behinderung Bedrohte (speziell: Betriebliche Wiedereingliederung) sind zu beachten.

Fach- und Leitungskräfte sind zu den Belangen von Menschen mit Behinderungserfahrungen zu schulen.

  1. Inklusion muss ein Qualifikationsmerkmal der Aus-, Fort- und Weiterbildung werden.

Alle Lehramtsstudiengänge müssen an die Anforderungen inklusiver Bildung angepasst werden. Die Pädagog*innenbildung ist in allen ihren Phasen konsequent inhaltlich und strukturell inklusionsbezogen auszugestalten. Das heißt, dass Lehramtsanwärter*innen in didaktischer und methodischer Hinsicht umfassend auf den Umgang mit Vielfalt in ihrer pädagogischen Arbeit vorbereitet werden. Den lehrer*innenbildenden Hochschulen sind dafür umgehend die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Gleiches gilt für die Ausbildung/ Studiengänge im frühkindlichen Bereich.

Dies gilt auch für Fort- und Weiterbildungsangebote. Speziell zu beachten sind Elemente wie z.B. Förderdiagnostik oder Umgang mit heterogenen Gruppen.

Auch bei der Ausbildung nicht-schulischen pädagogischen Personals müssen die Erfordernisse inklusiver Bildung bei den Lehrinhalten angemessen berücksichtigt werden.

Die Lehrenden an den Hochschulen müssen zu einer inklusiven Hochschuldidaktik befähigt werden. Hierzu sind technische, materielle und personelle Ressourcen notwendig, aber auch entsprechende Qualifizierungsangebote. Letztere müssen kurzfristig verfügbar sein und sich nicht über einen längeren Zeitraum erstrecken.

 

  1. Inklusive Schulentwicklung kann auf Erfahrungen der Integrationspädagogik und auf Erfahrungen mit heterogenen Lerngruppen aufbauen.

Seit vielen Jahren werden bereits Kinder und Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf in einzelnen Bildungseinrichtungen integrativ beschult, wobei weiterhin viele Eltern um die integrative Beschulung ihres Kindes kämpfen müssen. Die Integrationsquoten schwanken auch stark bezüglich der Schularten und hinsichtlich des diagnostizierten Förderbedarfs.

Seit dem Schuljahr 2012/13 wird im Rahmen des Schulversuchs ERINA die integrative Beschulung in drei Modellregionen erprobt und von der Universität Leipzig wissenschaftlich begleitet. Neben diesen Modellregionen gibt es allerdings eine Reihe von Bildungseinrichtungen, die heterogene Gruppen unterrichten, ohne die umfassende und ausreichende Unterstützung dafür zu erhalten. Insbesondere die Grundschullehrer*innen und Berufsschullehrer*innen unterrichten tagtäglich heterogene Lerngruppen und haben dadurch langjährige Erfahrungen darin, Kinder und Jugendliche mit sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen zu unterrichten. Oberschullehrer*innen haben umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit verschiedenster sozialer Herkunft. Auch innerhalb der Gymnasien haben sich die Kinder und Jugendlichen im Vergleich zu früheren Zeiten zu heterogeneren Lerngruppen entwickelt. Die Gymnasiallehrer*innen verfügen über die Integrationsarbeit hinaus über Voraussetzungen, um speziell intelligente, verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche zu fördern.

Inklusive schulische Bildung stellt auch die Existenz von Förderbildungseinrichtungen nicht in Frage, meint aber, dass deren Dominanz bei der Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eingeschränkt wird. Sie ermöglicht den Förderbildungseinrichtungen die Chance einer Entwicklung zur Bereitstellung eines quantitativ und qualitativ höheren Bildungsangebotes.

Es gilt, diese vielfältigen Erfahrungen im Umgang mit heterogenen Lerngruppen zu nutzen, zu stärken und weitere inklusive Beschulungen mit den entsprechenden Unterstützungssystemen auf- und auszubauen, unabhängig der Schulart. 

Beschluss GT/2015/11 - 3. Bildungspolitik