Warum bekomme ich kein Streikgeld?

Ein Tarifvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag. So wie ein Kaufvertrag. Das haben nicht kreative Steuersparexperten erfunden, um den Gewerkschaften ausnahmsweise mal zu helfen, sondern dies hat der Bundesfinanzhof, es ist das höchste deutsche Finanzgericht, 1990 in einer Grundsatzentscheidung festgestellt. Denn das Streikgeld ist keine Gegenleistung und auch keine Entschädigung. 
Also müssen wir auch keine Steuern darauf zahlen. Schampusflasche auf! Wenn der Arbeitgeber den streikenden Kolleginnen und Kollegen den Lohn streicht beim Streik, ist dies übrigens keine Strafe. Es ist legal. Als Jurist habe ich gelernt, dass hier die Arbeitsleistung als eine synallagmatische Hauptleistungspflicht nicht erbracht wird und damit auch das Gegenstück, nämlich der Arbeitslohn, entfällt. Die alten Latiner nannten diesen Rechtsgrundsatz „do ut des“, also „ich gebe, damit Du gibst“ oder praktisch auf das heutige Arbeitsrecht angewendet: „Keine Arbeit, keine Kohle.“ 
Streikgeld ist wichtig, denn wenn man kein Arbeitseinkommen hat, müssen ja die Rechnungen bezahlt werden.

Wir wissen auch nicht, wann die Arbeitgeber bei einem Streik einknicken werden. Es läuft ja so: Erst machen wir Warnstreiks, tageweise, dann etwas länger, und wenn die Arbeitgeber sich weiter querstellen, dann müssen wir in den Erzwingungsstreik. Und der kann dauern. Wochen, manchmal auch mehrere Monate. Deswegen brauchen und haben wir eine gut gefüllte Streikkasse. Es ist eine solidarische Leistung. Wir sichern gemeinsam durch unseren Gewerkschaftsbeitrag unsere Fähigkeit, einen langen Atem zu haben. Auch bei sehr langen Streiks. Aber nur wer Mitglied ist, bekommt Streikgeld. Deswegen lohnt sich unsere GEW-Mitgliedschaft.