Recht
FAQ-Streikrecht
Alles zu deinen Rechten und Pflichten während eines Streiks in der laufenden Tarifrunde TVöD.
Was ist Arbeitskampfrecht und Streikrecht?
Traditionell werden Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zwischen den Tarifparteien geregelt. Auch wenn die Tarifbindung in den letzten Jahren zurückgegangen ist, bleiben Tarifverträge nach wie vor das bedeutendste Instrument zur Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen.
Das Arbeitskampfrecht umfasst die rechtlichen Bestimmungen, die das Verhalten der Tarifparteien während eines Arbeitskampfes regeln. Ein Teilbereich dieses Rechts ist das Streikrecht, das den Arbeitnehmer*innen das Recht einräumt, ihre Arbeit niederzulegen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Beide Rechte sind entscheidend für die Tarifautonomie und stärken die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften.
Wann ist ein Streik erlaubt?
Ein Streik ist dann rechtmäßig und damit erlaubt, wenn:
- er ein Ziel verfolgt, das durch einen Tarifvertrag geregelt werden kann,
- er von einer zuständigen Gewerkschaft initiiert wird,
- die Tarifforderung nicht unter die Friedenspflicht fällt,
- keine verbindliche Schlichtungsregelung besteht,
- und der Streik nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist.
Alle Streikmaßnahmen müssen auf diese spezifischen Ziele ausgerichtet sein. Der Streik ist ein Grundrecht und ein legales Mittel, um eine Tarifforderung durchzusetzen. Ein Streik ist jedoch während der Laufzeit eines bestehenden Tarifvertrags unzulässig.
Was bedeutet Arbeitskampfleitung?
Die Verantwortung für die Streikmaßnahmen liegt bei der Arbeitskampfleitung. Diese bestimmt, welche Betriebe bestreikt werden, übernimmt die Kommunikation mit den Mitgliedern, kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit und führt Gespräche mit Arbeitgebern und der Polizei.
Was sind zulässige Streikziele?
Zulässige Streikziele sind solche, die durch Tarifverhandlungen geregelt werden können. Das bedeutet, dass nur Forderungen im Zusammenhang mit einem Tarifvertrag erhoben werden dürfen. Dies können unter anderem Lohnerhöhungen, die Verkürzung der Arbeitszeit, zusätzliche Urlaubstage oder tarifliche Sonderleistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sein.
Wer darf streiken?
Der Streik ist ein Grundrecht und ein rechtmäßiges Mittel zur Durchsetzung von Tarifforderungen gemäß Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.09.1984 – 1 AZR 342/83). Arbeitnehmer*innen haben das Recht, an einem Streik teilzunehmen, unabhängig davon, ob sie Mitglied einer Gewerkschaft sind.
Das bedeutet, dass auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder streiken dürfen. Dieses Recht ist im Grundgesetz verankert und leitet sich aus der sogenannten „Freiheit zur koalitionsgemäßen Betätigung“ des Artikels 9 Absatz 3 Grundgesetz ab. Allerdings haben nur Gewerkschaftsmitglieder einen Rechtsanspruch auf die Leistungen des ausgehandelten Tarifvertrages sowie auf Unterstützungsleistungen wie das Streikgeld im Falle eines Streiks.
Auch wenn Sie noch in der Probezeit sind oder befristet angestellt haben Sie dieses Recht. Auszubildende in der Praxisphase dürfen ebenso streiken.
Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, eine Streikteilnahme zu verhindern.
Drohen mir arbeitsrechtliche Konsequenzen, wenn ich streike?
Nein. Wenn Sie einem Streikaufruf einer Gewerkschaft folgen und an einem rechtmäßigen Streik teilnehmen, sind die wesentlichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vorübergehend ausgesetzt. Das bedeutet, dass Sie nicht verpflichtet sind während des Streiks Ihre vertraglich vereinbarten (Hauptleistungs-)Pflichten zu erfüllen. Im Gegenzug ist der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet, für den Zeitraum des Streiks Gehalt zu zahlen. Der Arbeitgeber darf wegen der Arbeitsniederlegung keine anderen Konsequenzen folgen lassen, also weder abmahnen noch kündigen.
Arbeitgebern ist es untersagt, streikende Arbeitnehmer*innen zu benachteiligen oder andere Beschäftigte zum Streikbruch zu zwingen.
Was ist Streikbruch und kann ich als nicht-streikende Person dazu verpflichtet werden?
Streikbrucharbeiten bezeichnet Tätigkeiten, die während eines Streiks von Personen durchgeführt werden, die nicht am Streik teilnehmen. Dabei handelt es sich um Arbeiten, die ursprünglich von streikenden Beschäftigten ausgeführt wurden, aber nun entweder von betriebsfremden Arbeitskräften oder von Mitarbeitenden, die sich entscheiden, den Streik nicht zu unterstützen, übernommen werden. Das Ziel dieser Arbeiten ist es, den Streik zu unterlaufen, den wirtschaftlichen Druck auf den Arbeitgeber zu verringern und den normalen Betriebsablauf fortzusetzen.
Streikbrucharbeiten sind rechtlich problematisch, da sie den Streik destabilisieren und die Wirkung des Arbeitskampfes vermindern. Es besteht keine arbeitsvertragliche Verpflichtung, Streikbrucharbeit zu leisten oder streikenden Kolleg*innen zu schaden (BAG v. 10.09.1985 1 AZR 262/84). Versetzungen auf bestreikte Arbeitsplätze, um dort Streikbruch zu leisten, müssen nicht akzeptiert werden. Jede/r Arbeitnehmer*in hat das Recht, Streikbrucharbeit abzulehnen.
Auszubildende dürfen vom Arbeitgeber nicht als Streikbrecher*innen (und zu ausbildungsfremden Arbeiten) herangezogen werden (BAG v. 12.09.1984 1 AZR 342/83).
Der Arbeitgeber kann schließlich nicht erwarten, dass sich Auszubildende gegenüber den streikenden Arbeitnehmern des Betriebs unsolidarisch verhalten.
Was ist eine Streikbruchprämie und ist sie zulässig?
Eine Streikbruchprämie ist eine finanzielle Belohnung, die Arbeitgeber an Mitarbeitende zahlen, die während eines Streiks weiterarbeiten oder sich bewusst entscheiden, nicht am Streik teilzunehmen. Ziel dieser Prämie ist es, die Beschäftigten zu ermutigen, ihre Arbeit fortzusetzen und den Betrieb trotz des Streiks aufrechtzuerhalten. Grundsätzlich ist die Zahlung einer Streikbruchprämie durch den Arbeitgeber zulässig, solange sie nicht gegen bestehende Tarifverträge oder gesetzliche Regelungen verstößt.
Kann ich gezwungen werden im Vorfeld anzugeben, ob ich vorhabe am Streik teilzunehmen?
Arbeitnehmer*innen dürfen nicht gezwungen werden, Abfragen im Voraus durchzuführen oder sich in Streiklisten einzutragen. Die Dienststellenleiter*innen müssen sich am Streiktag selbstständig erkundigen, wer sich am Streik beteiligt. In der Regel fragen aber Arbeitgeber ab, wer sich am Streik beteiligt. Es gilt: Man kann sich auch am Streiktag noch dazu entscheiden! Sie können also nicht gezwungen werden sich verbindlich vorab zu entscheiden. Auch wenn, wie oben bereits beschrieben, die Hauptleistungspflichten im Arbeitsverhältnis in der Zeit des Streiks ausgesetzt sind, bleiben die Nebenpflichten dabei auch während des Arbeitskampfes bestehen. Hierzu zählen u. a. die allgemeine Fürsorge- und Treuepflicht und die Verschwiegenheitspflicht. Arbeitnehmer*innen bleiben deshalb verpflichtet, den Arbeitgeber auf drohende Schäden hinzuweisen, sofern darin nicht gerade der „typische" Streikschaden zu sehen ist.
Auf jeden Fall gilt: nicht ausstempeln oder ausstechen!
Verletzt der Streik meine Aufsichtspflicht?
Nein. Die Aufsichtspflicht der Erziehungsberechtigten geht erst mit Übergabe der Kinder in der Einrichtung auf die pädagogischen Fachkräfte über. Da es dazu während eines Streikes nicht kommt, verbleibt die Aufsichtspflicht also bei den Erziehungsberechtigten.
Mitgliedern der GEW Sachsen, die aus Anlass von Streikmaßnahmen verbotenen Maßregelungen durch den Arbeitgeber ausgesetzt sind oder sonstige rechtswidrige Nachteile erfahren haben, wird nach unserer Rechtsschutz-Richtlinie Rechtsschutz gewährt, sofern die Nachteile nicht im Rahmen einer bei Abschluss der Tarifverhandlungen vereinbarten Maßregelungsklausel beseitigt werden können.
Melden Sie sich in dem Fall bitte bei der Landesrechtsschutzstelle unter: rechtsschutz(at)gew-sachsen(dot)de
04229 Leipzig