Rechtsurteil
Eingruppierung pädagogischer Fachkräfte
Beschäftigte der Länder wurden ab 01.01.2020 in die neu strukturierte Entgelttabelle der Anlage der TV-L (sogenannte S-Tabelle) in die neuen Eingruppierungsregelungen in Teil II Abschnitt 20 TV-L übergeleitet (§ 29e TVÜ-Länder).
Für alle Beschäftigten die im Jahr 2012/2013 in die Entgeltgruppe (EG) E 9 TV-L eingruppiert waren, war dies unproblematisch. Der Freistaat Sachsen verwehrte diese Überleitung aber den Kolleg*innen die im Jahr 2012 keine Antragstellung zur Überleitung in die EG E 9 TV-L vorgenommen hatten. Diese vergütet er nicht nach der EG S 8b, sondern lediglich nach der EG S 8a TV-L.
Mit Hilfe unseres gewerkschaftlichen Rechtsschutzes haben wir in dieser Sache Klage geführt, da anders als beim Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TV-L zum 01.01.2012 bei der Überleitung in die S-Tabellen, kein Antragserfordernis durch die Tarifparteien vereinbart wurde. Die Zuordnung zu den neuen Tätigkeitsmerkmalen erfolgt deswegen entsprechend der neuen Tätigkeitsmerkmale im Wege der Tarifautomatik.
Nunmehr liegt uns in dieser Sache ein erstes Urteil des Arbeitsgerichtes (ArbG) Bautzen (Urteil vom 17. Juni 2022; Az.: 3 Ca 3111/22) vor, indem das ArbG Bautzen unsere Rechtsauffassung zur Tarifautomatik bestätigte.
Das ArbG Bautzen führt in seinen Entscheidungsgründen aus: „Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es für die Eingruppierung der Tätigkeit der Klägerin für die Zeit ab 01.01.2020 unerheblich, ob sie rechtzeitig einen Höhergruppierungsantrag gemäß § 29a Abs. 3 und 4 TVÜ gestellt hatte. Anders als im Jahr 2012 anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung zum TV-L erfolgt die Überleitung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst zum 01.01.2020 nach § 12 Abs. 1 TV-L (Tarifautomatik).“ Des Weiteren weist das ArbG Bautzen daraufhin: „Woraus der Beklagte entnimmt, dass die Regelung in §§ 29a Abs. 3 und 4 für die Überleitung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst überhaupt eine Rolle spielen soll, ist nicht ansatzweise ersichtlich.“ (§§ 29a Abs.3 und 4 TVÜ regeln ein Antragserfordernis)
Das ArbG Bautzen hat deswegen festgestellt, dass der Freistaat Sachsen verpflichtet ist, unserer Kollegin Vergütung gemäß der EG S 8b TV-L zu zahlen, da unsere Kollegin mit ihrer Tätigkeit als pädagogische Fachkraft im Unterricht (PFiU) an einer Förderschule für geistig behinderte Kinder das Heraushebungsmerkmal der besonderen schwierigen fachlichen Tätigkeit der EG S 8b der Entgeltordnung zum TV-L, Anlage A, Abschnitt 20.6. erfüllt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Freistaat Sachsen Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Chemnitz eingelegt hat.
Hinweis: Kolleg*innen, die wegen fehlender Antragstellung im Jahr 2012 bis zum Januar 2020 nicht in die EG 9 TV-L eingruppiert waren und denen deswegen ggf. ebenfalls ab 01.01.2020 die Überleitung in die Vergütungsgruppe S 8b TV-L versagt wurde und weiterhin wird, sollten mit Verweis auf diese Entscheidung des ArbG Bautzen ihre Vergütungsansprüche unbedingt schriftlich geltend machen. Natürlich sind wir dabei gern behilflich. Gemäß § 37 TV-L verfallen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten schriftlich beim Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Henriette Schuberth und Elke Griesel
Juristinnen, GEW-Landesrechtsstelle