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Gleichberechtigung

Einen Schritt weiter? Das Sächsische Gleichstellungsgesetz

Der jahrelange Kampf um ein Gleichstellungsgesetz (SächsGleiG) für den öffentlichen Dienst in Sachsen ist seit Januar beendet. In der letzten Legislatur hatte ihn Petra Köpping gegen die CDU noch verloren. In der aktuellen gewann ihn Katja Meier – wobei sehr offen ist, ob die vielen Kröten, die der Koalitionspartner bis zum Einvernehmen servierte, überhaupt zu verdauen sind.

Seit dem 1. Januar 2024 gilt das SächsGleiG. Modern wirkt der veränderte Angehörigenbegriff, der sich u. a. auf das Recht auswirkt, Teilzeit und Beurlaubung zu beantragen. Hier setzt das Gesetz eine EU-Vereinbarkeitsrichtlinie um: Nicht nur die Pflege von Familienangehörigen (ortsunabhängig), sondern auch von anderen pflegebedürftigen Personen im eigenen Haushalt (z. B. Freund*in) ist nun zu berücksichtigen. Dafür wurde auch § 66 des SächsBG geändert.

Sehr umkämpft war der Abschnitt zu den Gleichstellungsbeauftragten (GB). Sie lösen nach 30 Jahren die Frauenbeauftragten (FB) ab. Es gibt eine Übergangszeit bis spätestens 30. Juni 2025, bis dahin wirken die „alten“ FB noch nach dem nicht mehr gültigen Sächsischen Frauenförderungsgesetz, während die Dienststellen bereits nach dem SächsGleiG arbeiten. Eine mitunter groteske Situation – je nach dem zwischenmenschlichen Miteinander in den Dienststellen werden die FB bereits wie GB behandelt, oder eben nicht.

GB können in der Landesverwaltung nun nahezu alle werden – nur Führungskräfte nicht, die über Personal entscheiden, ebenso wenig Personalrät*innen und die Vertretung der Schwerbehinderten. Männer und Frauen kandidieren, Männer und Frauen wählen – ein bestimmtes Wahlverfahren ist nicht vorgegeben.

Anfang Mai war aus dem SMK zu vernehmen, dass die Wahlen der GB im Ministerium für Herbst 2024 geplant sind. Ob sich die LaSuB-Dienststellen dranhängen, ist nicht bekannt. Dabei sind die GB in den LaSuB wichtig, denn sie sind zukünftig für alle Schulen in ihrem Gebiet zuständig. In den Schulen wird es GB spätestens am 30. Juni 2025 nicht mehr geben: Laut Gesetz „hat die Schulleitung auf Vorschlag der Lehrerkonferenz oder der Bediensteten eine Vertrauensperson zu bestellen und die zuständige Gleichstellungsbeauftragte oder den zuständigen Gleichstellungsbeauftragten unverzüglich in Kenntnis zu setzen“ (§ 14 Abs. 3). Eine Vorgabe zum Geschlecht dieser Vertrauensperson gibt es nicht. Auf seinen Internetseiten informiert das zuständige SMJusDEG* unter gleichstellung.sachsen.de wie folgt:
„11. Was ist eine Vertrauensperson?
Vertrauenspersonen unterstützen die Gleichstellungsbeauftragten, die für große Dienststellen mit mehreren Standorten oder Außenstellen zuständig sind, vor Ort. Außerdem gibt es in jeder Schule eine Vertrauensperson anstatt einer oder eines Gleichstellungsbeauftragten. Die Vertrauenspersonen sind ein Bindeglied zwischen der Belegschaft vor Ort und der oder dem zuständigen Gleichstellungsbeauftragten. Sie geben Informationen weiter und sind erste Ansprechperson.“

Eigentlich sind diese Vertrauenspersonen „von ihren übrigen dienstlichen Tätigkeiten freizustellen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist“. Angesichts der Personalsituation in den Schulen sind wir gespannt, was daraus wird. Das SMJusDEG hat ausgerechnet (Punkt 2.3.1.1.7. auf S. 31 in der Gesetzesbegründung), dass im Geschäftsbereich des SMK acht GB zu bestellen und mit 5,75 VZÄ freizustellen wären.

Erste Erfahrungen in anderen Ressorts mit den GB-Wahlen sind ernüchternd: Unmut macht sich bei den Wählenden breit, weil die Wahl oft nicht anonym sein soll. Da nichts vorgegeben ist, genügt auch ein einfaches offenes Email-Voting direkt an die Dienststellenleitung. Sehr gerne wird offenbar auch das Beteiligungsportal genutzt. Hier ist aber nur entweder anonyme Stimmabgabe möglich – dann kann nicht kontrolliert werden, wer wie oft wählt. Oder es wird gewährleistet, dass alle nur einmal abstimmen – dann ist es nicht mehr anonym. Eine unabhängige Kontrolle des verkündeten Wahlergebnisses ist im Gesetz übrigens nicht vorgesehen. Vereinzelt haben engagierte FB in anderen Geschäftsbereichen bereits ihr Amt verloren.

Da ich derzeit noch FB des federführenden SMJusDEG bin, kann ich berichten, dass nicht nur die verschiedenen Versionen der Gesetzentwürfe im Laufe der Zeit interessant zu lesen waren, über die die FB der Ministerien vom SMJusDEG informiert wurden. An den Verhandlungen war keine von uns beteiligt. Auch nicht an der finalen Entscheidungsfindung. Das Gesetz wurde in seiner letzten Version am Ende vom sächsischen Gleichstellungsbeirat abgenickt. Die hat im Laufe der Verhandlungen zum ursprünglichen Entwurf viele wesentliche Verbesserungen verloren. Wie sagte Ministerin Meier in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung: „Es war mir wichtig, endlich einen Schritt weiterzukommen.“ Wir werden sehen, wohin der führt.

Gunda Thielking
Frauenbeauftragte des SMJusDEG und GEW-Mitglied

 

* Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung.