Landtagswahl
Bewertung und Forderungen der GEW Sachsen
Gegenseitiger Respekt und Chancengleichheit sowie entschiedenes Eintreten gegen Rassismus, Nationalismus, Sexismus und antidemokratische Bestrebungen sind für uns persönlich, für die uns anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen und für die sächsische Gesellschaft insgesamt von herausragender Bedeutung. Dafür und für gute Bildung erklären wir unsere unumschränkte Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Auch wenn eine deutliche Mehrheit der Wähler*innen in Sachsen demokratischen Parteien ihre Stimme gegeben hat, erfüllt das Ergebnis der Landtagswahlen die GEW Sachsen mit Sorge und großem Entsetzen.
Mit der Zustimmung eines so großen Teils der sächsischen Wähler*innen zur AfD fand eine weitere politische Verschiebung in Richtung Rassismus und Menschenverachtung statt. Unsere Gesellschaft und unser Land sind augenscheinlich zutiefst gespalten.
Der Angriff auf Vielfalt, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Partizipation, Menschenrechte, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit gilt uns allen.
Wir wissen, dass der Versuch gemacht werden wird, uns auch in unserer tagtäglichen Arbeit in Kindertageseinrichtungen, Schulen und Hochschulen noch stärker unter Druck zu setzen. Wir wissen, dass dazu nicht nur die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag beitragen wird, sondern auch Pädagog*innen und Eltern, die den Positionen der AfD zustimmen.
Wir werden uns dadurch nicht einschüchtern lassen und uns gegen Angriffe weiterhin mit gewerkschaftlichen Mitteln zur Wehr setzen. Dazu gehört die Bestärkung unserer Mitglieder sich aktiv für demokratische Werte einzusetzen. Dazu gehören Beratung, Gesprächsbereitschaft und Solidarität. Dazu gehört die Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem DGB sowie anderen Organisationen und Initiativen. Dazu gehört das politische Eintreten für ein gutes und chancengerechtes Bildungssystem.
Forderungen des Landesvorstandes der GEW Sachsen an die neue Landesregierung*
Die GEW Sachsen wünscht der neu zu bildenden Landesregierung für ihre verantwortungsvolle Aufgabe viel Kraft und Erfolg.
Den Regierenden, den Koalitionsparteien und der demokratischen Opposition bieten wir an, uns gemeinsam mit ihnen für eine vielfältige, tolerante, gerechte Gesellschaft sowie für Zusammenhalt, Solidarität und Partizipation einzusetzen.
Gegenseitiger Respekt und Chancengleichheit sowie entschiedenes Eintreten gegen Rassismus, Nationalismus, Sexismus und antidemokratische Bestrebungen sind für uns persönlich, für die uns anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen und für die sächsische Gesellschaft insgesamt von herausragender Bedeutung. Dafür und für gute Bildung erklären wir unsere unumschränkte Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Um das sächsische Bildungssystem für alle Beteiligten zu verbessern und zukunftsfähig zu machen fordern wir die neue Landesregierung auf, u.a. folgende Änderungen schnellstmöglich auf den Weg zu bringen:
Frühkindliche Bildung
- die Verbesserung des Personalschlüssels, durch Einrechnung diverser Ausfallzeiten, Senkung der Gruppengrößen sowie durch Festlegung erhöhter Vor- und Nachbereitungszeiten,
- die Einleitung verschiedener geeigneter Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel im Bereich der frühkindlichen Bildung zu begegnen,
- die Verbesserung der Erzieher*innenausbildung und die Bereitstellung der dafür benötigten Ressourcen einschließlich einer Ausbildungsvergütung und der Abschaffung des Schulgeldes,
- die Kopplung der Zuschussgewährung an den Nachweis tarifvertraglicher Entgeltleistungen, um für alle pädagogischen Fachkräfte unabhängig von der Trägerschaft die entsprechend tariflichen Standards zu gewährleisten.
Schule
- die Schaffung einer ausreichend großen Zahl von Lehrer*innenstellen und die Ergreifung weiterer geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrer*innenmangels, um in allen Schularten, Schulstandorten und Regionen das Recht auf gute Bildung für jedes Kind/jeden Jugendlichen zu gewährleisten,
- die Entlastung von Lehrkräften u.a. durch Gewährung von Klassenleiterstunden, Absenkung des Regelstundenmaßes und Anerkennung außerunterrichtlicher Arbeitszeiten und die konsequente Verhinderung der Entgrenzung von Arbeitszeiten,
- die Absenkung des Klassenteilers und die Ausrichtung von Klassen- und Gruppengrößen nach pädagogischem Erfordernissen,
- die bessere finanzielle Gleichstellung von verbeamteten und tarifbeschäftigten Lehrer*innen durch eine angemessene Zulage, um die Nettolücke zu schließen,
- die Ausräumung der Ungerechtigkeiten in der Bezahlung durch das Ausschöpfen aller rechtlichen Möglichkeiten für eine höhere Eingruppierung aller Lehrkräfte unterhalb der E 13, für die Verhinderung von Nachteilen aufgrund des Stufenverlusts bei der Höhergruppierung und eine angemessene Zulage für die E 14,
- die stärkere Unterstützung und Förderung von Schulen mit besonderen Herausforderungen,
- die Ermöglichung von längerem gemeinsamen Lernen in Gemeinschaftsschulen,
- die Stärkung von politischer Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung als zentrale Aufgaben aller Schulen und Schularten,
- die Entwicklung von Schulsozialarbeit zu einem unverzichtbaren Bestandteil aller Schulen,
- den Erhalt eines dichten und tragfähigen Schulnetzes für die allgemeinbildenden Schulen und das Teilschulnetz der berufsbildenden Schulen ohne regionale Ungerechtigkeiten und die Unterstützung der Schulträger bei der Erfüllung ihrer Aufgaben durch entsprechende finanzielle Ausstattung.
Hochschule und Forschung
- das Eintreten für eine Dynamisierung des "Zukunftsvertrags Lehre und Studium stärken" und einen Parameter "Dauerstellen" mit konkreten Zielzahlen als Berechnungsgrundlage für die Zuwendungshöhen bei dessen Umsetzung (s. Pressemitteilung der GEW Sachsen vom 6. Juni 2019),
- Novellierung des Landeshochschulgesetzes unter Berücksichtigung der von der GEW erhobenen Forderungen - siehe hierzu den entsprechenden Beschluss des Gewerkschaftstags der GEW Sachsen 2019,
- Wertschätzung und faire Vergütung von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften an den Hochschulen sowie studentischen Hilfskräften an den Studienakademien der Berufsakademie; künftig nur Verträge als wissenschaftliche Mitarbeiter*in statt als wissenschaftliche Hilfskraft (s. entsprechender Beschluss des Gewerkschaftstages der GEW Sachsen 2019),
- die Erarbeitung eines zukunftsfähigen Lehrer*innenbildungsgesetzes für Sachsen und dessen Einbringung in den Landtag,
- die dauerhafte Bereitstellung einer aufgabengerechten Ausstattung von Hochschulen, Studienakademien und Studentenwerken bei (wieder) steigendem Anteil der Grundfinanzierung an der Hochschulfinanzierung,
- den Ausbau der "Staatlichen Kommission für Lehrerbildung" in Sachsen zu einem Informations- und Diskussionsforum unter Einbeziehung von Gewerkschaften und Verbänden.
Erwachsenenbildung
- die Verabschiedung eines Bildungsfreistellungsgesetzes im Freistaat Sachsen und damit die Schaffung eines gesetzlich geregelten Anspruchs auf Bildungszeit, u. a. für berufliche, kulturelle, politische oder soziale Bildung.
Mitbestimmung
- die Novellierung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes sowie
- die Abkehr von obrigkeitsstaatlichen Vorgaben und formellen Anhörungsverfahren und die Hinwendung zu echten Verhandlungen insbesondere bei Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten direkt berühren.
Wir sind gern bereit, die skizzierten Stichpunkte ausführlich zu erläutern und freuen uns auf die Gesprächsangebote.
Leipzig / Böhlen, den 4. September 2019
*Maßgabe: Regierungsbildung ohne Beteiligung der AfD
04229 Leipzig