Schule
Arbeitszeitstudie des SMK startet
Das Sächsische Kultusministerium (SMK) benachrichtigt in diesen Tagen die Teilnehmenden an der Arbeitszeitstudie. Wir informieren zu Hintergründen, Fragen und Problemen.
Durchschnittlich jede siebte bis achte Leser*in dieses Artikels hat vermutlich vor ein paar Tagen Post vom SMK erhalten – sofern das SMK seine Planungen nicht verändert hat und sie außerdem als Lehrer*in arbeitet.
Darin wurde den Betroffenen mitgeteilt, dass sie ein Teil jener Zufallsstichprobe sind, die sich aktiv an der Arbeitszeitstudie des SMK beteiligen sollen. Die der Auswahl zugrunde gelegten Merkmale waren dabei a) die Schulart und b) der Beschäftigungsumfang. Andere Merkmale, wie z.B. Fächer, Klassenleitung oder Arbeitsregion werden zwar noch erfasst, spielten aber bei der Auswahl keine Rolle.
Zur Historie dieser (und anderer) Studien
Das SMK ist nicht die erste Einrichtung, welche auf die Idee einer Studie rund um die Arbeitszeit (und -belastung) der Lehrer*innen kam. Vielen gegenwärtig ist sicher noch die im Jahr 2022 von der Uni Göttingen mit Unterstützung der GEW Sachsen durchgeführte Studie. An jener nahmen ca. 1500 freiwillige Teilnehmer*innen von Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien teil. Das Ergebnis - eine teilweise besorgniserregende Überschreitung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit - ist bekannt und wurde bereits mehrfach bei verschiedenen Anlässen thematisiert. Es wurde sehr wohl auch vom SMK als Indiz für eine teilweise sehr hohe Arbeits(zeit)belastung zur Kenntnis genommen.
Die Freiwilligkeit und die nicht über ein Jahr laufende Erfassung wurden aber vom SMK zum Anlass genommen, eine eigene Arbeitszeitstudie zu initiieren. Nachdem dies bereits im März 2023 angekündigt wurde, war dann die zweite Ausschreibungsrunde erfolgreich, so dass zu Beginn dieses Jahres die entsprechende Verkündung erfolgte.
„Neues Modell für Arbeitszeit von Lehrern“
- das war die Überschrift der Ankündigung in der LVZ am 18. Januar 2024, die mit „Kultusminister plant Studie“ vervollständigt wurde. Diese quasi Vorwegnahme der (insgeheimen?) Zielstellung sorgte bei sehr vielen für ziemliche Verwunderung und Irritationen. Im gleichen Artikel traf der Minister die Aussage „Erst danach wird man sehen, welche Spielräume es für Arbeitszeitkonten gibt, beziehungsweise welche Spielräume vorhanden sind, um kurzfristig mehr Lehrer für den Unterricht zu bekommen.“ Auch wenn mittlerweile mehrfach betont wurde, dass die Studie absolut ergebnisoffen durchgeführt wird, sollte man diese möglichen Konsequenzen mindestens im Hinterkopf haben.
Was passiert?
Die ausgelosten Teilnehmer*innen werden vom SMK aufgefordert, mit Beginn der „Vorbereitungswoche“ bis zum Ende des Schuljahres für jeden Tag Informationen zu ihrer Arbeitszeit zu liefern. Zur genauen Ausgestaltung dieser Erfassung wird es entsprechende Anleitungen von der die Studie durchführenden „Prognos AG“ geben. Dabei soll die Nutzung verschiedener Eingabemöglichkeiten umgesetzt werden und auch ein nachträgliches Erfassen kürzlich vergangener Tage soll möglich sein. Diese Daten gelangen lediglich zur „Prognos AG“ und nicht zu Schulleitung oder SMK.
Weil diese Studie über ein reines Erfassen der Arbeitszeit hinausgehen wird, ist es aber mit dem bloßen Erfassen der Arbeitszeit nicht getan. Durch das Auswählen einer der in der Erfassungssoftware vorgegebenen Haupt- und Unterkategorien sollen die Arbeitsinhalte zeitlich in einem gewissen Maße zuordenbar sein (Texteingaben zur genauen Benennung sind dabei nicht erforderlich). Dies soll dazu dienen, dass auch das SMK in Auswertung der Studie Aufgabenbereiche erkennt, die zum einen die Lehrkräfte in hohem Maße beschäftigen und zum anderen ggf. auch an anderes Personal übertragen werden könnten.
Zu den Knackpunkten
DER Knackpunkt ist zweifellos der zusätzliche Zeitaufwand für die Studienteilnehmer*innen. Für den täglichen Zeitaufwand kursieren derzeit (Anfang Mai) Zielstellungen von max. 10 Minuten. Auch wenn dieser sich im Studienverlauf vermutlich verändernde Umfang als Arbeitszeit zählt – vergütet wird er nicht und stellt damit eindeutig eine Mehrbelastung dar. Für diese Nichtvergütung gibt es mehrere Ursachen. Eine ist die, dass eben derzeit nur Mehrarbeitsunterricht vergütet wird. Eine andere ist die Anonymität der Befragung. Denn die Schulleitungen werden nicht über die eventuellen Teilnehmer*innen an ihren Schulen informiert - eine eventuelle Verkündung an Kollegien oder Schulleitungen liegt einzig im Entscheidungsbereich der Teilnehmer*innen.
Die GEW Sachsen hat u.a. im Gespräch mit dem Kultusminister direkt auf dieses Problemfeld der signifikanten zeitlichen Mehrbelastung hingewiesen und das SMK nun schriftlich aufgefordert, den Studienteilnehmenden eine Gegenleistung zu erbringen. Diese kann aufgrund der Anonymität und um Studienergebnisse nicht zu verfälschen nur im Nachhinein erfolgen – beispielsweise durch einen finanziellen Ausgleich oder eine zeitliche Entlastung im nachfolgenden Schuljahr für all jene, die sich dann bezüglich ihrer Teilnahme „outen“ wollen. Über die Antwort des SMK auf diesen Vorschlag werden wir informieren.
Was passiert bei Nichtteilnahme?
Es soll hier nicht um die Gruppe mit Los“glück“ gehen, die nicht zu den Auserwählten gehören, sondern um alle vom SMK zur Beteiligung aufgeforderten (das darf der Arbeitgeber übrigens tun).
Aus dem bisher gesagten wird deutlich, dass jenen, die keine Daten liefern, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen können - weil der Arbeitgeber davon ja gar keine Kenntnis erhält. Bei einer zu großen Zahl von Nicht(mehr)teilnehmer*innen könnte es dann notwendig werden, dass im Schuljahresverlauf neue Beteiligte ausgelost werden müssten, was dann aber die geplante schuljahresmäßige Erfassung von ein und derselben Person verfälschen würde.
Und nun?
Auch wenn es schwerfällt, Kolleg*innen um eine Mehrbelastung zu bitten: Natürlich ist es die persönliche Entscheidung eines jeden „Auserwählten“, in welchem Maße sie oder er die vom Arbeitgeber bzw. Dienstherren übertragenen Aufgaben im Rahmen der Arbeitszeitstudie erfüllt. Aber ein auch vom SMK als solcher anerkannter „repräsentativer Beleg“ über Arbeitszeitüberschreitungen wäre hilfreich - auch zur Verhinderung der eingangs vom Minister benannten angesprochenen neuen Arbeitszeitmodelle.
Die GEW Sachsen hat diese weitere Arbeitszeitstudie nicht initiiert und dafür mit den bereits vorliegenden Daten auch keine Notwendigkeit gesehen. Jetzt, da nun aber diese Studie kommt, ist ein vollständiges Erfassen aller das Arbeits- oder Dienstverhältnis betreffenden Tätigkeiten wichtig. Mit Blick auf die möglichen Folgen von nicht dokumentierten übergroßen Arbeits(zeit)belastungen kann damit jede dauerhafte Studienteilnehmer*in ein Stück mit dazu beitragen, ggf. in der Folge Verschlechterungen zu vermeiden und zu Verbesserungen beizutragen. Und irgendwie wird mancher vielleicht auch eine - nicht ganz von der Hand zu weisende - „moralische Verantwortung“ für die Kolleg*innen wegen der möglichen Folgen verspüren.
Fazit
Die GEW Sachsen wird den Verlauf der Studie sehr aufmerksam begleiten und sich im begleitenden Expertengremium, dem LHPR oder bei Wortmeldungen direkt im SMK u.a. weiterhin für einen angemessenen Ausgleich für den Aufwand aller Teilnehmer*innen einsetzen. Und weil die Studie nun - wie dargestellt - „da ist“ - DANKE an jene, die sich dieser Mehrbelastung hingeben und mit ihrem persönlichen Einsatz hoffentlich mit dazu beitragen können, dass wir für das Erreichen unseres Ziels -einer notwendigen Entlastung der Lehrkräfte - dann nach der Auswertung der Studie hoffentlich viele gute und auch vom SMK nicht zu negierende Argumente haben.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Vorabdruck aus der Juni-Ausgabe unserer Mitgliederzeitung „e&w“.
Mitglied im Lehrer-Hauptpersonalrat)
04229 Leipzig