Recht
Arbeitsschutz und Hitze
Sommerhitze am Arbeitsplatz ist mehr als nur unangenehm – sie birgt ernsthafte Risiken für Gesundheit und Sicherheit. Doch welche rechtlichen Vorgaben gibt es und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen?
Wir alle merken im Sommer, dass uns bei Hitze die Arbeit nicht mehr leicht von der Hand geht. Im Gegenteil: alles fällt schwerer. Laut einer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beauftragten Analyse von Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wurden in den vergangenen zehn Jahren bundesweit im Schnitt 11,1 Hitzetage (mehr als 30 °C) jährlich gezählt. Die klimabedingten Änderungen wirken sich so auch auf die Arbeitsbedingungen aus.
Bei hohen Temperaturen steigt das Risiko der Ermüdung, wir sind weniger konzentriert und wachsam. Das birgt natürlich viele Risiken. Große Hitze hat unter Umständen zudem gesundheitliche Auswirkungen wie zum Beispiel Hitzeschläge oder Ohnmachtsanfälle. Die wenigsten Beschäftigten haben das Glück in klimatisierten Einrichtungen arbeiten zu können, schon gar nicht in unserem Organisationsbereich.
Verschiedene Gesetze und Verordnungen regeln den Schutz der Beschäftigten am Arbeitsplatz.
Das sagt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Gemäß § 3 ArbSchG sind Arbeitgeber „verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.“ Aus dem Arbeitsschutzgesetz lässt sich zudem die grundsätzliche Pflicht der Arbeitgeber zu Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) ableiten. Darüber hinaus findet sich in § 4 ArbSchG eine Rangfolge der einzuleitenden Schutzmaßnahmen: technische und organisatorische Schutzmaßnahmen sind vorrangig, individuelle Maßnahmen sind nachrangig.
Das sagt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Gemäß § 3a Abs. 1 ArbStättV hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Hiermit werden also gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen gefordert. In den sogenannten Technischen Regeln für Arbeitsstätten wird dies dann konkretisiert.
Selbstverständlich werden Temperaturen auch unterschiedlich empfunden, aber gemäß der Schutzzielanforderung zum Raumklima in Anhang Nummer 3.5 der Arbeitsstättenverordnung liegt die gesundheitlich zuträgliche Lufttemperatur bei leichter körperlicher Arbeit bei 20 °C. Für mittelschwere Tätigkeiten liegt sie bei 17 °C.
Die Lufttemperatur soll gemäß dieser Schutzzielanforderung 26 °C nicht überschreiten. Ab dieser Temperatur sollen, bei einer Überschreitung von 30 °C müssen vom Arbeitgeber technische, organisatorische oder personenbezogenen Maßnahmen zur Verringerung der Wärmebelastung für die Beschäftigten getroffen werden und es müssen geeignete Getränke bereitgestellt werden. Wie oben bereits festgestellt, gehen dabei technische und organisatorische Maßnahmen den personenbezogenen Maßnahmen vor. Genannt werden als beispielhafte Maßnahmen Sonnenschutz wie Jalousien, Nachtauskühlung, Ventilatoren oder früherer Arbeitsbeginn.
Ab einer Temperatur von 35 °C Lufttemperatur in Innenräumen gilt dies als Hitzearbeit und der Raum ist nicht mehr als Arbeitsraum geeignet. Der Arbeitgeber muss dann Maßnahmen wie Luftduschen, Entwärmungsphasen oder die Zurverfügungstellung von Hitzeschutzkleidung einleiten.
Rein rechtlich gesehen haben diese Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A3.5) nur einem Empfehlungscharakter. Sie begründen keinen unmittelbaren Anspruch der Beschäftigten auf eine bestimmte Maßnahme und räumen dem Arbeitgeber einen Gestaltungsspielraum zur Durchsetzung der Ziele aus dem oben genannten § 3a ArbStättV ein. Die Rechtsdurchsetzung sollte hier mit dem Personal- oder Betriebsrat kontrolliert werden.
Arbeit im Freien
Bei der Arbeit im Freien, wie Sportunterricht oder Betreuung im Außenbereich, kommen einige zusätzliche Belastungen hinzu. Zu der Belastung bei Hitze kommen hier die UV-Strahlen und die Ozonbelastung hinzu. Hier sollte eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um konkrete Maßnahmen wie ausreichende Beschattung oder das Zurverfügungstellen von Kopfbedeckungen, Sonnenbrillen mit UV-Filter und Sonnenschutzcreme festgelegt werden.
Mitbestimmung
Wenn es um den Arbeitsschutz geht, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, siehe § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz. Für den Personalrat ergibt sich die Mitbestimmung aus § 81 Abs. 2 Nr. 7 Sächsisches Personalvertretungsgesetz. Danach hat der Personalrat mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen.
Die Mitbestimmung kann durch den Abschluss von Dienst- oder Betriebsvereinbarungen geschehen. Da die Maßnahmen, wie dargestellt, oft nur Rahmenvorgaben sind, ist es sinnvoll diese zu konkretisieren. Welche Schutzmaßnahmen dann gegen die Hitze ergriffen werden, ist zusammen mit dem Personal- oder Betriebsrat zu entscheiden.
Kein Recht auf Hitzefrei
Leider besteht grundsätzlich kein „Recht auf Hitzefrei“ oder eigenmächtiges Fernbleiben vom Dienst bei Hitze. Handelt es sich um eine dauerhafte Überschreitung der o.g. Werte und weigert sich der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen einzuleiten, so ist die Arbeitsschutzbehörde einzuschalten, welche dann weitere Schritte wie Anordnungen oder Bußgelder einleiten kann. Zudem empfehlen wir Ihnen sich in dem Fall an Ihre GEW zu wenden. Im Extremfall kann den Arbeitnehmer*innen ein Recht auf außerordentliche Kündigung zustehen. Besonderer Schutz ist bei hohen Temperaturen Schwangeren zu gewähren.
Fazit
Arbeitgeber stehen also in der Pflicht, bei großer Hitze Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Beschäftigten einzuhalten. Die Technischen Regeln der ASR A3.5 können dabei eine Orientierung darstellen. Auch wenn der Arbeitgeber dem nicht im vorgesehenen Maße nachkommt, besteht grundsätzlich kein Recht der Arbeit eigenmächtig fernzubleiben.
Henriette Schuberth, Juristin der Landesrechtsschutzstelle
04229 Leipzig