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Corona

Anerkennung einer Corona-Erkrankung als Arbeits- oder Dienstunfall

Eine Erkrankung aufgrund einer Corona-Infektion kann ein Arbeitsunfall (bei Beamt*innen ein Dienstunfall) sein. Die Anerkennung erfolgt jedoch nur unter bestimmten Bedingungen.

Nach den Hinweisen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann eine Covid-19-Erkrankung als Arbeitsunfall anerkannt werden,

  • wenn ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person („Indexperson“) bestand

oder

  • wenn eine größere Anzahl von infektiösen Personen im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld nachgewiesen werden können

und

  • wenn die Erkrankung spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt eingetreten ist.

Nach Angaben der DGUV aus dem Jahr 2020 ist von einem intensiven Kontakt in der Regel erst nach einer Kontaktdauer von mindestens 15 Minuten bei einer räumlichen Entfernung von weniger als 1,5 bis 2 Metern auszugehen. Ob man dies bei der wesentlich ansteckenderen  Omikronvariante so aufrechterhalten kann, ist u.E. fraglich. Im Einzelfall könne auch ein zeitlich kürzerer Kontakt ausreichen, wenn es sich um eine besonders intensive Begegnung gehandelt hat. Umgekehrt kann dies für einen längeren Kontakt gelten, obwohl der Mindestabstand eingehalten wurde.

Lässt sich kein intensiver Kontakt zu einer Indexperson feststellen, kann es, so die DGUV, im Einzelfall auch ausreichen, wenn es im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld (z.B. innerhalb eines Betriebs oder Schule) der betroffenen Person, nachweislich eine größere Anzahl von infektiösen Personen gegeben hat und konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen bei der versicherten Tätigkeit vorgelegen haben. Dabei sind unter anderem folgende Aspekte zu betrachten:

  • Anzahl der nachweislich infektiösen Personen im engeren Tätigkeitsumfeld
  • Anzahl der üblichen Personenkontakte
  • geringe Infektionszahlen außerhalb des versicherten Umfeldes
  • räumliche Gegebenheiten wie die Belüftungssituation und die Temperatur

Dies allein macht deutlich, dass es oft schwer ist eine solche Anerkennung zu erreichen. Oft kann der erforderliche Nachweis der notwendigen Kausalität zwischen Krankheit und dem Dienst auch schwer nachgewiesen werden.

Jetzt liegen erste Urteile von Verwaltungsgerichten vor. So hat das Verwaltungsgericht Augsburg zu Gunsten eines erkrankten Polizisten entschieden.  Der Polizist hatte an einem mehrtägigen Sportübungsleiterlehrgang auf dem Gelände der Bereitschaftspolizeiabteilung teilgenommen. Auch am Abend wurde das Gelände nicht verlassen. Er erkrankte wenige Tage danach an Corona und mit ihm waren auch von den insgesamt 21 Teilnehmer*innen des Lehrgangs an Covid-19 erkrankt. Der Dienstunfall wurde mit der Begründung abgelehnt, dass auch ein Zeitraum von mehreren Tagen des Aufenthalts am Lehrgangsort, während dem eine Ansteckung möglich gewesen sei, nicht ausreichend ist. Das Verwaltungsgericht entschied aber, dass der Kläger Anspruch auf Anerkennung der Covid-19 Erkrankung als Dienstunfall habe, da die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit in diesem besonderen Einzelfall erfüllt sind. Der Kläger sei durch seine dienstliche Teilnahme am Sportübungsleiterlehrgang einer besonderen Gefahr der Erkrankung ausgesetzt gewesen, da in der Halle bzw. im Schwimmbad  intensiv Sport getrieben wurde, das Gelände der Bereitschaftspolizei auch am Abend nicht verlassen wurde und insbesondere auch auschlaggebend sei, dass von 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmern 19 an Covid-19 erkrankt seien und keine Anhaltspunkte für eine Ansteckung im privaten Umfeld bestünden.

Dies zeigt, wie hoch die Anforderungen für die Anerkennung einer Corona Erkrankung als Arbeits- bzw. Dienstunfall sind.

Abschließend folgende wichtige Hinweise:

  • Eine in der Schule oder in der Kita zugezogene Corona-Erkrankung sollte immer über den Schulleiter oder die Kitaleitung als Arbeitsunfall gemeldet werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Anzeige bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu stellen. Bei Beamt*innen leitet der Dienstvorgesetzte das Ergebnis seiner Prüfung an die Pensionsbehörde weiter. Beamt*innen müssen beachten, dass der Dienstunfall innerhalb einer Frist von 12 Monaten gemeldet werden muss. Solange sollte man natürlich nicht warten.

    Erfolgt keine Unfallmeldung über den Schulleiter oder die Kitaleitung, so können Arbeitnehmer*innen auch selbst eine Anzeige beim Unfallversicherungsträger machen. Ein entsprechendes Formular ist hier zu finden: https://www.dguv.de/de/ihr_partner/unternehmen/unfallanzeige/index.jsp
  • Wird die Anerkennung als Arbeits- oder Dienstunfall abgelehnt, so ist gegen diesen Bescheid ein Widerspruch möglich. Zu beachten ist hier die Rechtsmittelfrist auf dem Bescheid. Der Widerspruch muss innerhalb von 1 Monat eingelegt werden. Gewerkschaftsmitglieder erhalten für ein solches Widerspruchsverfahren gewerkschaftlichen Rechtsschutz. Wird der Widerspruch zurückgewiesen kann Klage erhoben werde. Auch hier ist die Rechtsmittelbelehrung im Widerspruchsbescheid zu beachten (1 Monat). Und auch hierfür erteilen wir unseren Mitgliedern Rechtsschutz.
  • Manch ein Beschäftigter fragt sich, welchen Vorteil die Anerkennung als Arbeits- bzw. Dienstunfall hat.

    Nach Ablauf der 6-wöchigen Lohnfortzahlung erhalten Arbeitnehmer Verletztengeld. Dies ist ggf. höher als Krankengeld. Es beträgt 80 Prozent des Regelentgelts, darf aber nicht höher als das regelmäßige Nettoarbeitsentgelt sein.

    Bei Arbeitnehmer*innen übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten der anstehenden Heilbehandlung sowie der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Des Weiteren sind insbesondere die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation umfangreicher als die der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist die Erwerbsfähigkeit gemindert, beispielsweise durch schwere Verläufe oder Spätfolgen, kann sie auch eine Rente zahlen. Im Todesfall können Hinterbliebene eine Hinterbliebenenrente erhalten.

    Auch für Beamt*innen ist eine solche Anerkennung wichtig, denn in einem solchen Fall erfolgt die Abrechnung der Kosten der Heilbehandlung etc. über die Dienstunfallfürsorge und nicht über Krankenversicherung und Beihilfe. Die Leistungen sind allerdings vergleichbar. Solange die Anerkennung als Dienstunfall noch nicht vorliegt, sollten die Aufwendungen jedoch zunächst bei Krankenkasse und Beihilfe eingereicht werden mit dem Hinweis, dass ein Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall gestellt wurde. Bei einem schweren Krankheitsverlauf kommt zusätzlich die Zahlung eines Unfallausgleichs in Betracht. Sollte die Erkrankung gar zu einer Dienstunfähigkeit führen, ergibt sich ein deutlich erhöhter Pensionsanspruch. Zudem muss die Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt sein, um den Pensionsanspruch bei Dienstunfähigkeit zu haben.

Generell müssen die Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber oder Dienstherrn nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeits- oder Dienstunfalls vorliegen. Die Entscheidung trifft die Unfallversicherung bzw. bei Beamt*innen die Dienstunfallfürsorgestelle beim Landesamt für Steuern und Finanzen Dresden. Im Streitfall entscheidet ein Gericht. Bei COVID-19-Erkrankungen werden Gerichte aber auch darüber entscheiden müssen, ob und für welche Berufsgruppen eine „Beweislastumkehr“ erreicht werden kann. Eine Aussage über die Erfolgsaussichten für eine Anerkennung kann derzeit also noch niemand treffen.

Für weitere Informationen:

https://www.dgb.de/themen/++co++4a38ec78-3df7-11eb-8d02-001a4a160123

Für Beratungen in dieser Sache kann sich jedes GEW-Mitglied an die GEW-Landesrechtsstelle wenden.