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Schule

AHA-Regeln statt Regelbetrieb

Die Ausrufung des „Regelbetriebs“ durch das Kultusministerium sendet das falsche Signal. Denn das neue Schuljahr wird personell und coronabedingt ein Kraftakt für alle Beteiligten.

(Foto: colourbox.de)

Die Öffnung der Schulen wird bundesweit bereits seit Wochen diskutiert. Natürlich haben wir alle den Wunsch nach der Rückkehr zum Regelbetrieb. Doch angesichts der Pandemie, welche die ohnehin angespannte personelle und räumliche Situation an Schulen noch verschärft, warnt die GEW Sachsen vor der bundesweiten und sächsischen Tendenz, mit Begriffen wie Normal- oder Regelbetrieb etwas erzwingen zu wollen, was nicht erzwingbar ist.

Im kommenden Schuljahr wird es nicht durchgängig den üblichen Unterricht geben, je nach Infektionsgeschehen wird es wieder zu einem Mix aus Distanz- und Präsenzlernen kommen und einzelne Schulen werden geschlossen. Jedes Experiment, jede Chorprobe, jeder Sportunterricht muss hinsichtlich des Infektionsschutzes vorher gründlich durchdacht werden und es findet keine übliche Klassenfahrt statt. Deshalb wird es kein Schuljahr im Regelbetrieb sein.

Aus Sicht der GEW Sachsen ist folgendes notwendig:

1. Die strikte Einhaltung der AHA-Regeln im Bildungsbereich

Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen muss pandemiegerechtes Verhalten einerseits schützen und andererseits auch zur Gewohnheit werden. In Schulen und Kindertageseinrichtungen ist es jedoch aufgrund der begrenzten Möglichkeiten zum Händewaschen und Lüften sowie der räumlichen Gegebenheiten nur schwer möglich, Abstands- und Hygieneregelungen durchgängig einzuhalten.

2. Kleine Gruppen und Klassenleiterstunde

Dass wegen des Wunsches nach Regelbetrieb die sonst übliche Einhaltung der Abstände aufgegeben worden ist, stellt ein riesiges Problem dar. Der Verzicht basiert nicht auf gesicherten Erkenntnissen über die geringere Ansteckung von bzw. durch Kinder und Jugendliche. Er ist der Tatsache geschuldet, dass nicht genügend Personal zur Verfügung steht. Gerade in der gegenwärtigen Situation sind kleine Gruppen statt großer Klassen erforderlich.

Das letzte Corona-Halbjahr hat außerdem gezeigt: Klassenleiter*innen haben immensen Mehraufwand durch den sprunghaft gestiegenen Aufwand in der Elternzusammenarbeit, die individuelle Unterstützung der Schüler*innen und die koordinierenden Aufgaben. Die Klassenleiterstunde muss jetzt kommen!

3. Zentrale Vorgabe zum Tragen von Atemschutzmasken außerhalb des Unterrichts

Das Kultusministerium schreibt keine Atemschutzmasken für Lehrer*innen und Schüler*innen in der Schule vor. In der Tat ist das Tragen der Maske im Unterricht dauerhaft kaum zumutbar. Warum jedoch von einer zentralen Pflicht im Schulgebäude außerhalb des Unterrichts verzichtet wird, ist unklar. Hier benötigen wir in ganz Sachsen – eigentlich sogar bundesweit – im Sinne der AHA-Regeln eine einheitliche Vorgabe, statt die Schulen einzeln in die Pflicht zu nehmen und damit letztendlich auch im Regen stehen zu lassen.

4. Wirklich alle Lehrkräfte einstellen

Allein um Krankenvertretungen, den Bedarf durch Integration und Inklusion sowie die steigenden Schülerzahlen auszugleichen, müsste Sachsen über den Ersatz der Ausscheidenden hinaus ca. 3.000 Lehrkräfte zusätzlich einstellen.

Dazu kommt der Ausgleich für Lehrkräfte mit einer attestierten Risikoerkrankung. Wenn nur die außerordentlich niedrigen Attestzahlen aus dem Grundschulbereich für alle Schularten zu Grunde gelegt werden, sind mindestens 1.000 zusätzliche Lehrkräfte erforderlich.

Der Freistaat kann es sich daher nicht leisten, auch nur einen einzigen Bewerber/ eine einzige Bewerberin ziehen zu lassen.

5. Vergabe von digitalen Endgeräten nach sozialen Kriterien regeln

Um tatsächlich einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten, muss bereits die Vergabe der Mittel zur Anschaffung von Geräten nach sozialen Kriterien erfolgen, damit Geräte vor allem an Schulen zur Verfügung stehen, bei denen die Herausforderungen am größten sind.

6. Lehrkräfte und Schüler*innen nicht überlasten

Wenn pandemiebedingt Unterricht gänzlich anders erfolgt, stellt sich einmal mehr die Frage, was für die Schüler*innen die wichtigsten Lerninhalte sind. Diese Einschätzung darf nicht allein entlang von Prüfungen erfolgen. Viel wichtiger sind die Fragen: Was ist unter den Bedingungen möglich und lernwirksam? Was ist für die Schüler*innen tatsächlich wichtig? Starre Vorgaben des Lehrplans und das unumstößliche Festhalten an Prüfungsleistungen stehen dem im Wege. Das überlastet Schüler*innen sowie Lehrkräfte und führt durch Frust und fehlende Motivation zu noch mehr Lernrückständen.

Für den Fall, dass es zu einem Wechsel von Distanz- und Präsenzlernen kommt, sind die Beschäftigten vor Doppelbelastungen konsequent zu schützen.

Wir alle hoffen, dass wir das Schuljahr ohne größeres Infektionsgeschehen durchstehen und wir wünschen allen Kolleg*innen einen guten Start ins neue Schuljahr.

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