Studium
50 Jahre BAföG – (k)ein Grund zu feiern
Am 01.09.2021 jährte sich die Einführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zum 50. Mal. Junge Menschen sollten unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Situation studieren oder einen höheren Schulabschluss erlangen können – zu oft hing etwa ein Studium in den Jahrzehnten zuvor von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern ab.
Der Ist-Stand beim BAföG aber bietet leider wenig Anlass zum Feiern. Aus Anlass des Jubiläums veröffentlichte das Statistische Bundesamt am 31.08. aktuelle Zahlen. Danach war die Zahl der Geförderten 2020 um 27 % niedriger als 1991. Bereits am 05.08. war gemeldet worden, dass 2020 6,0% weniger Personen gefördert wurden als 2019. Die Bundesregierung verabschiedete am 22.12.2021 den (noch von der vorherigen Bundesregierung erarbeiteten) 22. BAföG-Bericht (*Link). Im Berichtszeitraum 2017 bis 2020 sank die Zahl der Geförderten von 782.000 auf 639.000. Nur noch elf Prozent der Studierenden bezogen 2020 BAföG – vor 50 Jahren waren es 45 und 2011 zumindest noch 19 Prozent. „Jubiläum im Allzeittief“ war daher der Titel eines Beitrags des stellvertretenden GEW-Vorsitzenden Andreas Keller aus Anlass 50 Jahre BAföG. Nach Vorlage des Berichtes sprach er von „niederschmetternden Zahlen“ und kommentierte: „Das Glas ist weder halb voll noch halb leer, es ist ganz leer.“
Die GEW forderte die neue Bundesregierung zu einer Weichenstellung für eine strukturelle Erneuerung der Ausbildungsförderung „noch in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit“ auf – die Vorschläge der Bildungsgewerkschaft hierzu sind schon länger bekannt und brauchen hier nicht wiederholt werden. Die GEW steht dabei in einer Reihe mit zahlreichen anderen Akteuren. Ein Bündnis aus Studierenden- und Jugendverbänden fordert ebenfalls eine grundlegende Reform (siehe https://bafoeg50.de). Der DGB stellte am 01.09. ein Positionspapier zur BAföG-Strukturreform und am 22.09. Anforderungen an ein 27. BAföG-Änderungsgesetz vor. Auch das Deutsche Studentenwerk (DSW) drängte auf eine rasche BAföG-Erhöhung und eine grundlegende Reform der Ausbildungsförderung.
Die neue Bundesbildungsministerin kündigte immerhin „erste wichtige Schritte“ einer BAföG-Reform zum Wintersemester 2022/23 an. Als Übergangsregelung soll die Zinsbefreiung des KfW-Studienkredits bis zum 30.09.2022 verlängert werden.
Übrigens: Auch die Zahl der geförderten Schüler*innen hat 2020 mit 108.000 einen historischen Tiefpunkt erreicht ...
Torsten Steidten
Referent für Hochschule und Forschung
01067 Dresden